Georgien: Neue Aufgabe für die UNO

Unter UN-Vermittlung wird nach einer militärischen und politischen Lösung des Abchasien-Konflikts gesucht / In den umkämpften Gebieten sollen UN-Soldaten stationiert werden  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Kann es der UNO gelingen, nach ihren ergebnislosen Vermittlungsversuchen im Krieg in Bosnien-Herzegowina eine Verhandlungslösung im Konflikt um Georgiens abtrünnige Republik Abchasien zu erreichen?

Zumindest gestern schienen die Ergebnisse der zweiten Gesprächsrunde auf eine Annäherung der Positionen hinzuweisen: Die Regierung Georgiens und die Vertreter Abchasiens vereinbarten die Entflechtung ihrer militärischen Verbände.

Doch auch hier gab es sofort wichtige Einschränkungen: Der Truppenrückzug wurde von der vorherigen Stationierung von UNO-Blauhelmsoldaten in den ehemals umkämpften Gebieten abhängig gemacht.

Und auch in der wichtigsten Frage gab es bei der dreitägigen Verhandlungsrunde, die unter Vermittlung des Schweizer UNO- Sonderbeauftragten für den Konflikt, Brunner und in Anwesenheit von Vertretern Rußlands und der KSZE stattfand, keine Fortschritte: Weiterhin unklar bleibt der künftige politische Status von Abchasien.

Wie schon im Kommuniqué ihrer ersten Genfer Verhandlungsrunde am 1. Dezember letzten Jahres fordern beide Konfliktparteien den UNO-Sicherheitsrat zur Entsendung von Blauhelmsoldaten auf sowie zur Verstärkung der UNO-Beobachtergruppe (Unomig) und zur Erweiterung von deren Mandat. Nur durch eine ausreichende internationale Kontrolle könne ein Wiederaufflammen der Kämpfe verhindert werden.

Für die gelegentlichen Kampfhandlungen der letzten sechs Wochen werden in der gestrigen Vereinbarung „unkontrollierte bewaffnete Verbände“ verantwortlich gemacht. Die beiden Konfliktparteien sind damit einverstanden, daß künftigen UNO-Blauhelmtruppen auch ein russisches Kontingent angehören soll.

Abchasien ist vollständig isoliert

Fünf Tage nach der Stationierung von Blauhelmsoldaten sowie zusätzlichen internationalen Beobachtern wollen beide Seiten „sämtliche militärischen Verbände mit ihren Waffen und Gerät“ vom Grenzfluß Inguri sowie aus „anderen potentiellen Linien der Konfrontation“ innerhalb der umstrittenen Gebietszone abziehen. Wie weit, das soll gemeinsam mit der Unomig und den Kommandeuren der Blauhelmtruppe festgelegt werden. Freiwillige Verbände und Individuen, die bislang in den Konflikt involviert waren, sollen entwaffnet werden.

Für den Beginn der bereits im Dezember grundsätzlich vereinbarten Rückführung aller Flüchtlinge wurde gestern der 10. Februar festgelegt. Zunächst sollen die Vertriebenen aus der Gali-Region im Süden Abchasiens in ihre Heimat zurückkehren. Noch keine genaueren Zeitpläne gibt es für die ebenfalls bereits im Dezember vereinbarte Suche nach Toten und Vermißten.

Über den künftigen politischen Status Abchasiens hatte zum erstenmal am 15./16. Dezember in Moskau die am 1. Dezember beschlossene Arbeitsgruppe mit Experten beider Seiten, der UNO, Rußlands und der KSZE getagt. Noch bestehen die Vertreter Abchasien auf der völligen Unabhängigkeit der Provinz von Georgien, sie sind mit dieser Forderung allerdings völlig isoliert, wie Vermittler Brunner gestern in Genf betonte. Weder bei Rußland noch innerhalb der UNO oder der KSZE findet diese Forderung Unterstützung.

Am 15. Februar soll die Arbeitsgruppe erneut tagen. Bis dahin soll nach dem Wunsch beider Konfliktparteien auch eine internationale Kommission eingerichtet werden, die unter Beteiligung von Institutionen wie der Weltbank sowie nationaler Hilfsorganisationen Konzepte für den wirtschaftlichen Wiederaufbau Abchasiens entwickelt. Für den 22. Februar wurde die dritte Verhandlungsrunde angesetzt, die entweder in Genf oder in Moskau stattfinden soll.