■ Mit Kinderausbeutung auf du und du
: Sechsjährige Sklaven

Berlin (taz) – Während beschlipste Männer zum UNO- Jahr der Familie feierliche Reden schwingen, schuften mindestens 200 Millionen Kinder als SklavInnen. Schon ab dem sechsten Lebensjahr sind sie für Menschenhändler, Plantagen-, Bordell- und Fabrikbesitzer interessant, schreibt die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) in einem Bericht über Kinderarbeit. Die Kleinen werden sowohl in Asien, Afrika als auch Lateinamerika entweder gekidnappt oder gekauft.

In Haiti leben etwa 100.000 Mädchen und Jungen als HaussklavInnen, in Indien arbeiten eine Million Kinder in Steinbrüchen und auf dem Bau. Auch pakistanische Großbauern und Fabrikanten schätzen die jungen Leibeigenen als Arbeitskräfte; immerhin 7,5 Millionen KindersklavInnen gibt es in ihrem Land. Freuen dürfen sich die rezessionsgeplagten KundInnen in Deutschland: Sie können sich nach wie vor billige Tücher und preisgünstige handgeknüpfte Teppiche leisten.

Die verbreitetste Form der Kindersklaverei aber ist die Prostitution. Allein in Indien werden 400.000 Kinder auf den Strich geschickt, in Brasilien ist es eine Drittelmillion, auf den Philippinen 60.000 und in Sri Lanka 30.000. In Thailand arbeiten mindestens 800.000 Mädchen – zum Teil nicht älter als acht Jahre – als Prostituierte.

Aber auch die Hunderte von Millionen Mädchen und Jungen, die sich als „freie“ Arbeitskräfte verdingen, leben oft unter katastrophalen Bedingungen und verdienen Hungerlöhne. In Thailand beispielsweise arbeiten Mädchen zwölf Stunden am Tag in einem Textilladen; nicht einmal 10 Pfennig verdienen sie für das Annähen von 100 Knöpfen.

Und Kinderarbeit nimmt zu, hat die ILO beobachtet. Wo der weltweite Konkurrenzkampf um Absatzmärkte immer härter wird, greifen die Produzenten immer häufiger auf die billigsten, wehrlosesten Arbeitskräfte zurück – selbst da, wo Erwachsene arbeitslos sind.

Moralische Appelle und gute Worte helfen nichts. Obwohl fast alle Länder der Erde der Konvention über die Rechte der Kinder zugestimmt haben, haben die jeweils Herrschenden kein Interesse daran. Und so blieb das Papier bisher auch völlig folgenlos. Schon in Preußen führten nicht Skrupel, sondern die Verkrüppelung der Kinder, die später nicht mehr als Soldaten taugten, zur Abkehr von der Kinderarbeit. Annette Jensen