Mit EU-Harmonie für mehr Rüstungsexporte

■ Bundestagsdebatte über Rüstungsexport / Daimler-Chef droht mit Abwanderung

Bonn (taz) – Daimler-Benz- Chef Edzard Reuter wollte offenbar die Zusammenhänge von Wirtschaft und Politik anschaulich vor Augen führen. In einem pünktlich zur gestrigen Bundestagsdebatte über Waffenexporte erschienenen Interview verlangte der Konzernchef die Lockerung deutscher Rüstungsexportvorschriften und drohte in diesem Zusammenhang mit einer Verlagerung wehrtechnischer Unternehmen seines Konzerns ins Ausland. Die Daimler- Tochter Deutsche Aerospace (Dasa) sei aus technologischen Gründen zwingend auf die Rüstungsproduktion angewiesen, sagte er. Sollte dies am Standort Deutschland nicht mehr möglich sein, werde der Konzern die Konsequenzen ziehen.

Im Bundestag spielte das Arbeitsplatzargument dagegen in den Beiträgen aus der Regierungskoalition nur eine geringe Rolle. In der von den Sozialdemokraten beantragten aktuellen Stunde verwiesen die meisten Redner aus Union und FDP auf die angeblich notwendige Harmonisierung der Exportrichtlinien innerhalb der Europäischen Union. Während Außenminister Klaus Kinkel und Wirtschaftsminister Günter Rexrodt (beide FDP) erklärten, es gehe nicht um Änderungen der 1982 erlassenen exportpolitischen Grundsätze, schloß der außenwirtschaftliche Sprecher der CDU/ CSU, Peter Kittelmann, solche Änderungen nicht aus. Auch in dieser Frage sei eine Vereinheitlichung auf europäischer Ebene notwendig.

Die SPD warf der deutschen Rüstungsindustrie und Teilen der CDU dagegen vor, die Wirtschaftskrise zu nutzen, um die deutschen Rüstungsexportbestimmungen aufzuweichen. Der rüstungspolitische Sprecher der SPD, Hermann Bachmaier, kritisierte die Forderung, internationale Kooperationen im Rüstungsbereich zu erleichtern. Dadurch würden künftige Kriege und Konflikte programmiert.

Für ein generelles Exportverbot von Rüstungsgütern sprach sich die verteidigungspolitische Sprecherin von Bündnis 90/ Grüne, Vera Wollenberger, aus. Sie äußerte die Vermutung, die Vorstöße zur Lockerung der Exportrichtlinien zielten darauf, Deutschland zum weltweit größten Rüstungsexporteur zu machen. Die Entscheidung darüber, in welche Länder sie Rüstungsgüter exportieren wollten, dürfe nicht privaten Firmen überlassen bleiben.

Gegen jede Erleichterung von Waffenexporten hatten sich in den vegangenen Tagen unter anderen die evangelische Kirche, der IG- Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel und das Weltkinderhilfswerk Unicef ausgesprochen. Anläßlich der Bundestagsdebatte forderten die Internationale Kampagne gegen Landminen und Medico International eine weitere Begrenzung der Rüstungsexporte durch die Bundesrepbulik.

Die Deutsche Friedensgesellschaft (DFG-VK) forderte Daimler-Chef Reuter auf, seine Ankündigung wahrzumachen und die Dasa-Rüstungsproduktion in der Bundesrepublik tatsächlich einzustellen. Hans Monath