„Wir sind keine faulen Studis“

■ Streikwoche endete mit Kundgebung auf dem Rathausmarkt / Uni muß Vakanzrate von 17 Millionen Mark erbringen   Von Kaija Kutter

Als die rund 5000 Studierenden gestern auf dem Rathausmarkt ankamen, passierte erstmal nichts. Keine Musik von Lautsprecherwagen, keine Verlegenheitsrede, um die Pause zu füllen. Nur vereinzelte Rufe „Voscherau komm raus“, und später „rauskommen, rauskommen“ und noch später „Feigling!“ Der Bürgermeister kam nicht, um mit den Studierenden zu reden.

Erst hieß es, er sei nicht da. Später dann, er würde Bundesverdienstkreuze verteilen. So mußten sich die Nachwuchswissenschaftler mit den Worten der SPD-Politikerin Dorothee Stapelfeldt zufrieden geben: Studiengebühren und Zwangsexmatrikulation werde es in Hamburg mit der SPD nicht geben.

Es ist schon erstaunlich, was sich in den letzten Tagen auf dem Uni-Campus abspielte. Wann immer in dieser Streikwoche ein Plenum oder eine Podiumsdiskussion stattfand, drängten sich die Studierenden, als gäbe es etwas umsonst. Geduldig hörten sie zu, organisierten 150 Arbeitsgruppen, erfanden phantasievolle Aktionen. Der Streik, vom Asta, der gleichzeitig Studentenparlaments-Wahlen abhielt, eigentlich nicht gewünscht, war quasi ein Selbstgänger.

„Es hat sich gezeigt, daß wir kein Forum haben, um unseren Unmut über tägliche Erfahrungen rauszutragen“, sagte ein Student am Vortag im Pädagogischen Institut. Zeitdruck, Streß, zu viel Stoff, „wir brauchen Freiräume, damit wir nicht immer nur Scheine machen und gar nicht wissen, was wir tun“, ergänzte eine Kommilitonin. Und: „Wir sind nicht Studis, die faul sind und nur Spaß haben wollen. Wir wollen an Studieninhalten mitarbeiten.“ Forderungen, die so oft und ernsthaft wiederholt wurden, daß man meinen könnte, man habe es mit einer neuen Studentengeneration zu tun. Nichts mehr mit Yuppie-Sein, schnellem Studium und Karriere. Konsum, schicke teure Klamotten sind auf dem Uni-Campus zur Nebensache verkommen. Nur der Uni-Präsident mit seinem eleganten Hut erinnert nicht an '68.

Und was bleibt nun - außer einem dicken Reader mit Protokollen der AGs? Ein schlechter Eindruck vom Bürgermeister und dem Wissenschaftssenator, der vorgestern Trickserei als Politik zu verkaufen versuchte, indem er sagte, Hamburg habe die „Mainzer Erklärung“ unterschrieben, aber Hamburg setze sie nicht um. Das Motiv für diese verschlungenen Wege - Geld vom Bund zu bekommen - ist vielleicht verständlich. Steht doch Hajen jetzt die unangenehme Aufgabe bevor, die Erhöhung der Vakanzrate der Uni auf 17 Millionen Mark anzukündigen. Sieben Prozent Personal weniger. Bald sind selbstorganisierte AGs die einzige Veranstaltung, bei der Studenten etwas lernen.

Aber vielleicht gerät die Uni doch mehr ins Gesichtsfeld des Bürgermeisters, der nach der letzten Woche etwas auszubügeln hat. Daß er die „Eckwerte“, die Grundlage der von ihm unterschriebenen „Mainzer Erklärung“, nicht kannte, fanden zumindest die Studis peinlich.