Dem Faß den Boden ausgeschlagen

■ In Bremen werden noch Fässer hergestellt / Daubentürme

Wenn etwas „dem Faß den Boden ausschlägt, ist in der Regel etwas Unglaubliches passiert. Und wenn einer „ein Faß aufmacht“, dann hat er meist Grund zur Freude. Beide Redensarten lassen sich zurück verfolgen auf eine alte handwerkskunst: die Zunft der Faßmacher. Davon profitiert auch der Bremer Ratskeller, der wegen seiner Sammlung deutscher Weine weltberühmt. Guter Wein lagert gewöhnlich in großen Holzfässern. An die alte Zunft der Faßmacher oder Küfer – in Bremen heißen sie Böttcher – erinnert die berühmte Böttcherstraße. Nach alter Tradition werden an der Weser noch heute in der Faßfabrik Alfred Krogemann GmbH, einer der letzten und größten Faßfabriken Deutschlands, Fässer hergestellt. Sie finden ihre Abnehmer vorwiegend im süddeutschen Raum, aber auch in Australien oder Südafrika.

Auf dem Betriebsgelände türmen sich unübersehbar meterhohe Holzstapel, im Fachjargon „Daubentürme“ genannt, und Fässer aller Art und Größe. Fred Krogemann, der den Betrieb von seinem Vater übernahm, beschäftigt sechs Angestellte, von denen zwei eine dreijährige Ausbildung zum Faßmacher absolvierten. „Eine Lehre als Faßmacher ist ein bißchen umständlich“, erzählt Fred Krogemann. „Die Berufsschulausbildung wird gemeinsam mit den Tischlern absolviert, die Abschlußprüfung findet dann in München statt.“ Zum Repertoire der Böttcher, wie sie früher hießen (und woran das Böttcherviertel noch erinnert) gehören auch Blumenkübel, kleine Zierfässer und nostalgische Badebottiche. Die Faßfabrik produziert bis zu 2.000 Fässer mit einem Fassungsvermögen von 225 bis 300 Litern jährlich. Die Preise liegen zwischen 650 und 850 Mark.

„Die Fässer dienen heute nur noch zum Lagern. Zum Transport gibt es Stahltanks und Plastikfässer“, berichtet Krogemann. Doch zur Lagerung von Wein oder Whisky „braucht man Holz, das arbeitet und atmet“. Eiche muß es sein, möglichst ohne Äste und von geradem Wuchs. Krogemann verwendet dafür Bäume aus Süddeutschland. „Die norddeutsche Eiche ist zu großporig und wegen des häufigen Windes oft verdreht.“ Das in Bretter oder Dauben geschnittene Holz wird gestapelt und jahrelang gelagert, damit es austrocknet. Erst dann werden sie bearbeitet. Mit dem stählernen Setzreifen wird dem Faß ein provisorischer Rahmen gegeben, in den nach und nach die Dauben eingesetzt werden.

Mittels Feuer und Wasser wird das Holz biegsam und elastisch gemacht. Das geschieht entweder durch Heißdampf oder durch „Faßbrand“. Dazu wird ein „Feuereimer“ in das Faß gestellt und dieses ständig befeuchtet. Durch die Hitze von innen wird zugleich die Gerbsäure im Holz umgewandelt. Auf diese Weise entstehen ohne künstliche Zusätze Aromen wie Vanille oder Kaffee. Diese „Barriquefässer“ schätzen besonders die Winzer für ihre hochwertigen Weine.

Am Ende halten je zwei Metallringe am oberen und unteren Ende das Faß in Form. Deckel und Boden werden eingesetzt und mit Schilf zusätzlich abgedichtet. Das Faß wird von außen geglättet, ein Spundloch hineingebohrt. Per Wassertest wird geprüft, ob das Faß dicht hält.

Manchmal gehen die großen Fässer – in Container verladen – sogar auf eine lange Schiffsreise, um einem speziellen Aquavit seinen Geschmack zu verleihen. Dazu mußte Krogemann jüngst 55 alte Fässer aufarbeiten. Denn: „Alt müssen sie sein, sonst schmeckt der Aquavit nicht.“

dpa, Claudia Reinhardt