■ Kommentar
: Verlogener Vorwurf

Da haben sie nun jahrelang so laut es ging den Bremer Filz gebrandmarkt, und dann passiert FDP und Grünen das: Der mit weit über 200.000 Mark Jahressalär hochdotierte und mit der Regentschaft über 50.000 Bremer Wohnungen hochpolitische Posten des Gewoba-Chefs wird von einem rein sozialdemokratisch besetzten Dreiergremium an einen hochrangigen Sozialdemokraten vergeben, dessen langjährige Chefin im Auswahlausschuß auch noch den Vorsitz geführt hat. Wer wollte da nicht „Filz hoch drei!“ schreien.

Doch der Vorwurf fällt jetzt auf seine Urheber zurück. Lüthge ist ohne jeden Zweifel für den Posten qualifiziert, und das von einem renommierten Personalberatungsbüro geführte Auswahlverfahren hätte formal nicht sauberer sein können. Es ist exakt so abgelaufen, wie der Gewoba-Aufsichtsrat es beschlossen hatte. Und was die Doppelfunktion von Eva-Maria Lemke-Schulte als Lüthge-Chefin und Lüthge-Auswählerin angeht: Sie wäre die letzte, die einen Lüthge-Wechsel zur Gewoba aktiv betreiben würde. Wenn sie in dieser Sache ein Eigeninteresse hatte, dann das, den wichtigsten Mann in ihrem Ressort nicht zu verlieren.

Doch selbst wenn der Filz-Vorwurf sachlich richtig wäre, politisch ist er verlogen. Denn Grüne und FDP wissen ganz genau, daß er zu nichts führen wird. Im Gewoba-Aufsichtsrat gibt es eine satte Mehrheit für Lüthge, und auch über den Senat können ihn Grüne und FDP nicht verhindern. Jetzt noch „Filz“ zu schreien, rächt sich spätestens in drei Wochen, wenn sie Lüthge als neuem Gewoba-Chef die Hand schütteln werden.Dirk Asendorpf