■ Standbild: Hochtoupiert
Wetten, daß...?“ Samstag, 20.10 Uhr, ZDF
Schon der Anfang war ein Ei. Wo man im Vorfeld noch rätseln durfte, ob das ZDF mit der Verlegung des Sendebeginns auf 20.10 Uhr geplant hatte, Professor Dieter Stolte anläßlich der Rückkehr des verlorenen Sohnes die Nationalhymne anstimmen zu lassen, flimmerte da unversehens ein fünfminütiges Personality-Werbefilmchen in Sachen „Welcome back, Tommi“ über den Schirm.
Dabei war der neue Alte keineswegs mit leeren Händen gekommen, sondern hatte seinen größten Erfolg als erfolgloser Late-Night-Talker gleich mitgebracht: Kaum war der schier besinnungslose Begrüßungsapplaus im ostfernen Linz verebbt, schleifte Gottschalk den greisen Heinz Rühmann auf die Bühne, um dann jedoch derart hemdsärmelig mit ihm umzuspringen („Tolle Frisur. Ist das toupiert?“), daß es einen doch irgendwie peinlich berührte. Selbst wenn man weder zu den Rühmann-Fans gehört noch seine Brötchen in der Altenpflege verdient.
Fahrig und verkrampft versemmelte Gottschalk durch seine schlampige Moderation nicht nur die Wetten der Reihe nach, sondern er agierte die ganze Zeit über derart neben der Kappe, als habe man ihn erst fünf Minuten vor der Sendung zu dieser Arbeit zwangsverpflichtet. Da wiederholte Deutschlands liebstes Lockenköpfchen auch die müdesten Kalauer bis zum Exzeß, vergaß einen Reinhard Fendrich, der zuvor einen prima Multi-Kulti-Schlager vorgetragen hatte, ins Schwimmbad zu verabschieden und ließ seinen Saalkandidaten nach jovialer Begrüßung („Ich darf dich Heinz nennen?!“) zwei Stunden lang als Dekomasse in der Ecke schmoren.
Das Unterhaltsamste an der Sendung waren noch die Zuschaltungen von Harald Schmidt, der da im Rahmen einer konzertierten Aktion von ARD und ZDF Werbung für seine eigene Nonsense-Show im Ersten machen durfte.
Aber so richtig amüsiert haben werden sich an diesem Abend allenfalls Mutti Gottschalk, die sich mit ihrem Bekleidungsvorschlag (dezent-gelber Wollpullover) wieder nicht durchsetzen konnte, und ein gewisser Wolfgang Lippert. Der Rest der Nation durfte sich anschließend mit Reality-Unterhaltung trösten: dem „Wort zum Sonntag“ von Pastorin Oda- Gebbine Holze-Stäblein. Kein Witz. Reinhard Lüke
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