Die Jagd nach außerirdischen Lebensformen

■ Exobiologen diskutieren über eine mögliche Lebens-Ausbreitung im Universum

Wer im Weltraum überleben will, muß ein dickes Fell haben. Diese Erkenntnis haben jetzt die Exobiologen gewonnen, die auf anderen Himmelskörpern und im interstellaren Raum nach Lebensformen suchen.

Es dreht sich dabei nicht in erster Linie um höher organisierte Wesen. Die kleinen grünen Männlein auf dem Mars gehören heute ebenso einer durch wissenschaftliche Beobachtungen und Messungen in die Vergangenheit abgeschobenen Vorstellungswelt an wie Venusier oder andere Bewohner der Planeten. Überlebt hat dagegen die Suche nach bescheideneren Lebensformen – Bakterien, Sporen, Mikrofossilien – auf die jetzt die Exobiologen Jagd machen. Für die experimentelle Klärung stehen zwei Methoden zur Auswahl: Einmal kann man die Organismen direkt – auf Satelliten, Sonden oder Raumstationen – den harten Umweltbedingungen des Weltraumes aussetzen und beobachten, wie sie reagieren. Zum anderen kann man in irdischen Labors die Weltraumbedingungen simulieren und sie auf Mikroorganismen einwirken lassen.

Beide Methoden nutzen jene deutschen Wissenschaftler, die sich mit der Exobiologie befassen. Bislang führte diese Spielart der Biologie in der Bundesrepublik noch ein Schattendasein. Jetzt aber hatten die Deutsche Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DLR), die Deutsche Agentur für Weltraumangelegenheiten (DARA) und die Deutsche Aerospace (DASA) zu einer ersten Arbeitstagung über Exobiologie nach Bad Honnef geladen.

Mehr als dreißig namhafte Planetenforscher, Astrophysiker, Chemiker und Biologen diskutierten daraufhin die Fragen der Entstehung, Evolution und Ausbreitung von Leben auf der Erde und im Universum. Dabei berichtete Gerda Horneck vom Flugmedizinischen Institut der DLR, daß Bakteriensporen, die auf einem US-Satelliten von der DLR sechs Jahre lang den Weltraumbedingungen ausgesetzt waren, dies überlebt hätten – wenn auch nur zu einem sehr geringen Teil. So wurden auf speziellen Proben etwa hundert Millionen Sporen exponiert, überlebt haben nur etwa eintausend davon. Sie waren von einer braunen Kruste toter Sporen bedeckt, die allerdings die überlebenden vor der sonst tödlichen Einwirkung der harten UV-Strahlung schützten. Denn nicht die kosmische Strahlung, sondern die Ultraviolettstrahlung der Sonne, so zeigen die Untersuchungen, ist für die Mikroorganismen im interplanetaren Raum die größte Gefahr.

Überleben konnten die Mikroorganismen allerdings nur, weil die DLR eine für derartige Zwekke sehr geeignete Bakterienart, Bacillus subtilus, auch Heubakterien genannt, ausgesucht hatte. Diese haben die Fähigkeit, nahezu vollständig auszutrocknen, in eine Art von lang anhaltendem, dehydriertem „Winterschlaf“ zu verfallen und erst wieder zum Leben zu erwachen, wenn sie Feuchtigkeit und andere für sie geeignete Umweltbedingungen antreffen.

Dazu kommt eine andere spezielle Fähigkeit der Heubakterien, berichtete Horneck in Honnef. Sie bilden bei für sie ungünstigen Umweltbedingungen eine dicke Schutzschicht aus, die sie sowohl vor dem völligen Austrocknen als auch vor dem Vakuum des Weltraums schützt.

Dabei habe man die Gefährdung durch das Vakuum auch in einer Unterdruckkammer am Erdboden geprüft, in der eine noch größere Leere als im Weltraum erzeugt wurde. Es habe sich eindeutig gezeigt, so Horneck, daß den Bakterien auch dieses höhere Vakuum nichts anhaben konnte.

Eine Frage wußte allerdings auch Gerda Horneck nicht zu beantworten: Können die Bakteriensporen auch Weltraumreisen, die wesentlich länger dauern als die jetzt absolvierten sechs Jahre, überleben. Denn nur dann wäre es ihnen ja möglich, auch interplanetare Entfernungen hinter sich zu bringen. Darauf aber, so Horneck, könne die Wissenschaft heute noch keine definitive Antwort geben. Anatol Johansen