piwik no script img

Neue Serie: Wer war's

Die Geschichte der 1796 in Bremen geborenen Anna Lühring liest sich fast besser als einer von Rita Mae Browns Bestsellern: Zur Zeit der napoleonischen Besatzung stahl sie sich als 17jährige mitten in der Nacht aus dem Elternhaus, um sich den Freischaren des Adolf von Lützow anzuschließen. Als Mann verkleidet meldete sie sich mit Hirschfänger und Büchse bei den „Lützower Jägern“ und wurde als Eduard Kruse, Jäger zu Fuß, in den Dienst genommen.

Anna Lühring flog durch einen Brief ihres Vaters, der sich im Glauben befand, sie sei einem Lützower Jäger aus Liebe gefolgt, auf. Dennoch durfte sie im Corps bleiben. Ihr Hauptmann informierte seine Offiziere und gab die Order aus, „den Jäger Kruse entweder allein in ein Quartier zu legen oder zusammen mit den ehrenhaftesten Männern der Truppe“. Anna Lühring nahm an der Belagerung der Festung Jülich teilte und marschierte über Lüttich, Nivelles und Beaumont bis kurz vor Paris, wo sie 1814 vom Friedensschluß erfuhr und nach Berlin zurückkehrte.

Die Heimkehr nach Bremen war ihr zunächst unmöglich. Während sie in Berlin hoch geehrt urde, sah ihr Vater ihre Ehre als verloren an. Ihre Heimatstadt betrachtete sie als liederliche Dirne, bis ein preußischer Hofrat vermittelte und Anna Lühring unter Jubel in der Uniform der Lützower Jäger in Bremen einzog.Ihr Ruhm war allerdigs schnell dahin, ebenso wie die Überlegung des Senats, ihr eine Ausbildung zur Lehrerin zu finanzieren. Als ihr Vater verarmte und Bremen ihr keine Lebensperspektive mehr bot, heiratete sie unter ihrem Stand nach Hamburg. Als Witwe ernährte sie sich vom Nähen grober Matrosenhemden, bis alte Lützower beim Bremer Senat eine Pension für sie erbaten. Ab 1860 bekam sie 50 Taler jährlich zugesprochen – für die damalige Zeit eine hohe Ehrung..

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen