Der Trampelpfad ist eine Frau

■ 90 Prozent aller Straßennamen sind nach Männern benannt, jetzt gibt's die Quote

Das Gesetz der Straße macht der Mann, ja, die Straße selbst ist letztlich ein Mann. Zur Feststellung der Personalien genügt der Blick auf's Straßenschild: Da wimmelt es nur so von Friedrichs, Carls und Franzens, Senatoren, Bürgermeistern und Grafen. Allesamt wohlverdiente Herren, denen post mortem die Ehre der Verewigung zuteil kam. Wo bleiben die Frauen? Fast 4.000 Straßen gibt es in Bremen, und rund ein Drittel von ihnen wurde nach Personen benannt – darunter ganze 30 Frauen. Doch das soll anders werden.

Manfred Paape vom Bauressort wartet nur auf die passende Neubausiedlung, aus der er einen reinen Schriftstellerinnen-Bezirk machen kann – zumindest dem Namen nach. Denn das erklärte Ziel des Senats angesichts des peinlichen Frauenanteils von knapp 10 Prozent ist es, die Männerdomäne Straßenbenennung zu durchbrechen.

Doch neue Straßen in der Stadt, wann gibt's die schon? „Die richtigen Straßen sind ja alle schon benannt“, so Paape. Umbenennungen, so der Senat, soll es nicht geben, denn das kann auch schon mal Geld kosten – wenn eine Firma ihr neu gedrucktes Briefpapier in den Reißwolf werfen muß, zum Beispiel. Und Streit mit den Beiräten ist bitteschön zu vermeiden. Die wiederum, so Paapes Erfahrung, wollen lieber die alten Flurbezeichnungen wie „Achtern Höben“ oder „Herrschaftliche Tannen“ und „keine Politisierung per Straßennamen im Stadtteil“. Zehn Jahre lang hat die Baubehörde vergeblich versucht, Rosa Luxemburg unterzubringen – „die wollte kein Ortsamt haben“. Jetzt endlich erbarmt sich das Neubaugebiet Arsten, das derzeit zur Aufbesserung der Frauenquote herhält. Letztlich liegt die Chance der Frau da, wo's wurscht ist – ist die Straße ein Mann, ist der Trampelpfad eine Frau.

Jede kann Straßennamen vorschlagen – die Kirchen tun es, der Plattdeutsche Verein tut es, Hans Koschnick tut es. Die Bremer Gleichstellungsstelle hat es auch getan, gleich mit einem ganzen Schwung von Vorschlägen: Schriftstellerinnen, Grundgesetz- Gründerinnen, Pädagoginnen, Freiheitskämpferinnen. Eine kurze Begründung genügt, die wird geprüft, und letztlich wird der neue Name von der Stadtbürgerschaft abgesegnet. Unter der Bedingung, daß alle AnwohnerInnen einverstanden sind, können auch Straßen- Umbenennungen stattfinden – das ist in der Vergangenheit allerdings meist gescheitert. An leeren Kassen scheitert die Sitte, den Straßenschildern eine kurze Erklärung beizufügen - daß die mit Genehmigung auch von Privatleuten in Auftrag gegeben werden können, weiß kaum jemand.

Auch Schwierigkeiten gibt es : Wenn kurz vor der Benennung nach einem Oberneulander Klinikbesitzer herausgefunden wird, daß dieser während der Nazizeit Euthanasiearzt war. Wenn die Landesstatistiker Einspruch gegen eine „Cato-Bontjes- van-Beek- Straße“ einlegen, weil der Name für ihre Listen zu lang ist. Wenn aus Proporzgründen (die gelten r) mal kein alter Sozi gewählt werden darf, sondern ein FDPler dran ist. Nur eins soll kein Problem mehr sein: Wenn ein Frauenname gewählt wird. skai

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