Keine Gnade für alte Freunde

■ American Football: Die San Francisco 49ers besiegten die New York Giants 44:3 und erreichten wie Kansas, Buffalo und Dallas das Halbfinale um die Super Bowl

Berlin (taz) – Eigentlich wollte Lawrence Taylor seine großartige dreizehnjährige Karriere als Linebacker der New York Giants erst am 30. Januar in Atlanta beenden – wenn möglich mit dem Gewinn der 28. Super Bowl des American Football. Doch gute Kumpels machten dem 34jährigen bereits an diesem Wochenende einen Strich durch die Rechnung: die San Francisco 49ers. Beide Teams hätten so oft gegeneinander gespielt, meinte Taylor vor dem Play-off-Match im Candlestick Park von San Francisco, daß sie eigentlich „alte Freunde“ seien.

Von Freundschaft konnte jedoch keine Rede sein, als die 49ers den Giants die deftigste Niederlage ihrer Play-off-Geschichte beibrachten. Mit 44:3 fegten die Gastgeber den freundlichen Dauerrivalen vom Platz und revanchierten sich damit endlich notdürftig für die noch drastischere Schlappe, die sie 1986 – mit Joe Montana – in New York erlitten hatten. Damals gewannen die Giants mit 49:3 und holten sich später zum ersten Mal die Super Bowl.

Durch ihr exzellentes Laufspiel, das beste der NFL, wollten die New Yorker die als abwehrschwach geltenden 49ers eigentlich in die Knie zwingen, doch in der gesamten ersten Hälfte machten sie ganze sechs Yards durch Laufen gut. Da führte San Francisco dank der Pässe des überragenden Quarterbacks Steve Young und den Spurts des nicht zu bremsenden Ricky Watters, der mit fünf Touchdowns einen Play-off-Rekord aufstellte, bereits mit 23:3. Das Fieldgoal von David Treadwell in der letzten Minute des zweiten Viertels blieb die einzige Errungenschaft, die den Giants an diesem Tag vergönnt war.

Lawrence Taylor tritt in den vorzeitigen Ruhestand, für die 49ers dagegen wird es am nächsten Sonntag ernst, wenn es bei den Super-Bowl-Gewinnern des letzten Jahres, den Dallas Cowboys, um die NFC-Meisterschaft und den Einzug ins Finale geht. Die Cowboys hatten kaum Probleme, im eigenen Stadion die Green Bay Packers mit 27:17 zu bezwingen, müssen aber erneut um Running Back Emmitt Smith bangen, der vor einigen Tagen zum besten Spieler der Saison gewählt wurde. Bei einem Block verletzte sich Smith trotz spezieller Schützer erneut die lädierte Schulter und mußte den größten Teil der zweiten Halbzeit aussetzen.

Spannend wird es auch in der AFC, wo Joe Montana mit seinem neuen Klub, den Kansas City Chiefs, zielstrebig Kurs auf die Super Bowl nimmt. Dank seines genialen Armes behielten die Chiefs in Houston etwas überraschend gegen die zuletzt unschlagbaren Houston Oilers mit 28:20 die Oberhand und bekommen es nun am Sonntag mit den Buffalo Bills zu tun, die die vierte Endspielteilnahme in Folge ansteuern.

Gegen die Los Angeles Raiders hatten es die Bills bei Temperaturen von 18 Grad minus der Übersicht ihres erfahrenen Quarterbacks Jim Kelly zu verdanken, daß sie den Kaliforniern noch ein Schnippchen schlagen konnten. Die Raiders kontrollierten das Spiel, führten bei Halbzeit mit 17:13 und sahen wie die sicheren Sieger aus, bis zwei Touchdown- Pässe von Kelly ihren Träumen ein Ende machten. „Das Spiel gehörte uns“, jammerte Defensivspieler Greg Townsend verbittert, „am meisten ärgert mich, daß wir ein viel, viel besseres Team als sie haben.“

Buffalo und Dallas haben in den Conference-Finals am kommenden Sonntag jeweils Heimrecht, eine Neuauflage der Super Bowl XXVII des letzten Jahres wäre somit keine Überraschung. Erheblich mehr nach dem Geschmack der Fans wäre indes ein Aufeinandertreffen von Joe Montana mit seinem alten Klub, den San Francisco 49ers, die ihn nach langer Verletzungspause ausgemustert hatten. Bleibt nur zu hoffen, daß dem 37jährigen in der Kälte von Buffalo nicht sein berühmter „heißer Arm“ einfriert. Matti Lieske