Finnland bald mit einer Staatspräsidentin?

■ Verteidigungsministerin Rehn bei den finnischen Wahlen in der Stichwahl

Helsinki (taz) – Marti Ahtisaari, Kandidat der sozialdemokratischen Partei und die Verteidigungsministerin Elisabeth Rehn von der Schwedischen Volkspartei haben bei den Wahlen für das Staatspräsidentenamt am Sonntag in Finnland das Rennen für die entscheidende Stichwahl am 6. Februar gewinnen können. Ahtisaari brachte es auf 25,9 Prozent, Rehn auf 22. Auf Platz drei, und damit wie die restlichen neun Kandidaten gescheitert, der ehemalige Außenminister Paavo Väyrynen mit 19,5 Prozent. Sein ursprünglicher Rivale für den Kampf um den zweiten Platz, der rechtskonservative Raimo Ilaskivi, kam nur auf 15,2 Prozent. Die anderen Kandidaten und die Kandidatin Eeva Kuuskoski landeten weit abgeschlagen bei fünf Prozent oder noch darunter. Mit Elisabeth Rehn hat erstmals seit fast fünf Jahrzehnten wieder einE VertreterIn der schwedischsprachigen Minderheit die Chance auf das Staatspräsidentenamt.

In die Stichwahl mit Ahtisaari geht die ursprüngliche Außenseiterin Elisabeth Rehn mit klaren Siegeschancen. Jüngste Meinungsumfragen ergaben 55 Prozent für sie und nur 45 Prozent für Ahtisaari. Letzterer erklärte noch in der Wahlnacht, daß er den anstehenden Wahlkampf in erster Linie gegen die unpopuläre Politik der Regierung Esko Aho führen werde. Thema: deren ineffektive Wirtschaftspolitik und der Abbau der sozialen Sicherung.

Das Ergebnis der Wahlen bestätigte die Tendenz der Meinungsumfragen der letzten Wochen. Marti Ahtisaari war mit einer satten 50-Prozent-Mehrheit in den Wahlkampf gezogen, hatte diese aber rasch durch politische Inkompetenz verspielt. Daß Ahtisaari überhaupt noch die meisten Stimmen gewinnen konnte, hat offenbar entscheidend mit den Briefwahlstimmen zu tun. 25 Prozent der WählerInnen hatten bereits ihre Stimme abgegeben, als die Meinungsumfragen den plötzlichen sensationellen Stimmenumschwung für Elisabeth Rehn signalisierten. Erst durch diese Umfragen kam es zu einem regelrechten Sog unentschiedener Stimmen zu der Außenseiterkandidatin. Noch zwei Wochen vor den Wahlen war sie mit gerade neun Prozent weit abgeschlagen und schien nicht einmal Chancen zu haben, unter die ersten Drei zu kommen. So kam Elisabeth Rehn bei den Briefwahlstimmen auf nur 15 Prozent, am Wahlsonntag selbst aber auf 26 Prozent: zwei mehr, als Ahtisaari am Wahltag auf sich ziehen konnte.

Da erwartungsgemäß keinE KandidatIn eine absolute Mehrheit der Stimmen erzielen konnte, wird zwischen den beiden Bestplazierten am 6. Februar eine Stichwahl entscheiden. Der sozialdemokratische Kandidat Ahtisaari wird hierbei nur bedingt auf einen weiteren Stimmenzuwachs rechnen dürfen, während sich die bisher zersplitterten Stimmen für die verschiedenen bürgerlichen KandidatInnen zu einem großen Teil auf Elisabeth Rehn konzentrieren werden. Und schlägt ihr nicht mangelnde Wahlbeteiligung ein Schnippchen, wird die Verteidigungsministerin am 1. März vom Sozialdemokraten Mauno Koivisto das Amt des finnischen Staatspräsidenten übernehmen. Reinhard Wolff