: Operation Höllenfeuerflug
■ Vielleicht doch keine Plutoniumflüge aus Hanau im Wahljahr
Frankfurt/Main (taz) – Da liegen sie noch immer im Bundesbunker auf dem Gelände der Siemens- Brennelementewerke in Hanau: die 123 Mischoxid-Brennelemente aus Uran und Plutonium, für die die RWE-Tochter Schnelle-Brüter-Kernkraftwerksgesellschaft (SBK) bei Bundesumweltminister Klaus Töpfer einen Flug ins schottische Dounreay gebucht hat. Hergestellt für den nie in Betrieb gegangenen Brüter in Kalkar, sollen die Elemente mit dem Ultragift in Dounreay zwischengelagert werden und dann in einem japanischen oder US-amerikanischen Reaktor doch noch zum strahlenden Einsatz kommen.
Für mehrere Millionen Mark hat die SBK im britischen Nuklearzentrum in Dounreay Lagerraum angemietet. Jungfernflüge mit plutonumhaltigen Brennelementen haben im vergangenen Jahr bereits stattgefunden: von einem französischen Flughafen aus mit Maschinen einer französischen Gesellschaft. Nach den ursprünglichen Vorstellungen der sogenannten Experten aus dem Bundesumweltministerium sollten die angeblich völlig ungefährlichen Plutonium- Flüge vom Frankfurter Flughafen aus gestartet werden – aus einer der dichtbesiedelsten Regionen Europas heraus. Doch nach Protesten der Bevölkerung und massivem Widerspruch aus dem hessischen Umweltministerium hat man(n) in Bonn und bei der SBK offenbar kalte Füße bekommen.
Jetzt sollen die Brennelemente aus Hanau zum Militärflughafen Pferdsfeld in Rheinland-Pfalz geschafft und von dort nach Dounreay ausgeflogen werden. Doch Sicherheitsrisiken, die für die Bevölkerung im Großraum Frankfurt/ Main nicht zumutbar seien, so die Grünen im Mainzer Landtag, seien auch den Menschen in Pferdsfeld nicht zuzumuten. Auch in der Provinz formiert sich der Protest – mit Unterstützung der LandespolitikerInnen (fast) aller Parteien. Noch ist unklar, ob die für den Abflug bereitliegenden plutoniumhaltigen Brennelemente nach einem Betriebsunfall im Bunker überhaupt äußerlich frei von radioaktiver Kontamination sind. Ein anderes Problem hat sich dagegen für Töpfer (fast) erledigt. Ein Verwaltungsgericht hat inzwischen sinngemäß entschieden, daß die SBK ihre Brennelemente mit Genehmigung des Bundesumweltministeriums auch über das der hessischen Aufsichts- und Genehmigungsbehörde unterstellte Gelände der Siemens-Brennelementewerke in Hanau schleppen darf.
Die Grünen in Rheinland-Pfalz waren deshalb nach dem Jahreswechsel davon überzeugt, daß es „täglich losgehen“ könne mit den Pu-Flügen. Doch aus Bonn kommen inzwischen andere Signale. Der öffentliche Gegendruck, so war zu hören, sei inzwischen so stark geworden, daß die Operation „Höllenfeuerflug“ im Wahljahr 1994 nicht mehr gestartet werde: Wer's glaubt, wird selig – wer's nicht glaubt, vielleicht noch schneller. kpk
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