Schmidbauers eingeschränkte Aussage

Staatsminister erläuterte in geheimer Runde vor dem „Mykonos“-Untersuchungsausschuß seine Sicht der staatsterroristischen Aktivitäten / Ermittlungsrichter ohne Aussagegenehmigung  ■ Aus Berlin Dieter Rulff

Für die gestrige Sitzung des „Mykonos“-Untersuchungsausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses konnte der Staatsminister im Bundeskanzleramt, Bernd Schmidbauer, zwar eine Aussagegenehmigung des Bundeskabinetts vorlegen, doch diese unterlag dermaßen vielen Einschränkungen, daß nach Ansicht der Abgeordneten des Bündnis 90/Grüne, Renate Künast, „nichts bleibt, was ausgesagt werden kann“. Schmidbauer wollte sich über nichts befragen lassen, was über die Belange Berlins hinausgeht, um die Umstände zu erhellen, die zu der Ermordung von vier iranisch-kurdischen Oppositionspolitikern im Restaurant Mykonos am 17. September 1992 geführt hatten. Auch zu den umstrittenen guten Kontakten zu seinem iranischen Amtskollegen Ali Fallahian und zu anderen Vertretern der iranischen Regierung mochte sich der Staatsminister im Bundeskanzleramt nur in geheimer Sitzung äußern.

Hinter verschlossenen Türen bestätigte er immerhin, daß das „Mykonos“-Verfahren, in dem zur Zeit der Iraner Kazem Darabi als vermeintlicher Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes des Mordes beschuldigt ist, von iranischer Seite ihm gegenüber angesprochen wurde. Für ihn sei das jedoch kein Gegenstand der Verhandlung gewesen, er habe auf die Unabängigkeit der deutschen Gerichte verwiesen. Schmidbauer will, wie zuvor bereits der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Eckard Werthebach, vor dem Ausschuß bekundet hat, von der Möglichkeit iranischer staatsterroristischer Aktivitäten auf deutschem Boden überrascht gewesen sein. Sollte sich dieser Vorwurf vor Gericht bewahrheiten, so werde das zu einem Abkühlen der Beziehungen zum Iran führen.

Schmidbauer trat erneut der Mutmaßung entgegen, er wolle aus übergeordneten Interessen, „daß Terroristen auf unserem Boden straflos davonkommen“. Auf seine Veranlassung hin sei am 2. Oktober 1992 „eine Weisung erfolgt, mit dem Ziel, die Täter zu verhaften“. Wenige Tage später wurden zwei der nun angeklagten festgenommen. Bereits vor dem Bundestag hatte er erklärt, daß der BND „über eine Quellenmeldung und über Kontakt mit Quellen“ für die Festnahmen gesorgt habe.

Womöglich um diese Quellen zu schützen, wurde vor kurzem die Aussagegenehmigung des zuständigen Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof von seinem Präsidenten zurückgezogen. Der Richter darf zumindest so lange sein Wissen nicht im „Mykonos“- Verfahren preisgeben, bis Bundesjustizministerin Leutheusser- Schnarrenberger über dieses in der Justizgeschichte seltene Aussageverbot endgültig befunden hat.