„Das dulden wir nicht“

■ Harte Fronten im Streit um die Nutzung des Logensaals

Der geschichtsträchtige Logensaal der Hamburger Kammerspiele in der Hartungstraße bleibt ein Zank-apfel: Nachdem der Kerngebietsausschuß Eimsbüttel dem Begehr des Intendanten Stephan Barbarino nach einer gastronomischen Nutzung (“Erlebnisgastronomie“) nicht zugestimmt hatte, wehren sich einige Nachbarn jetzt gegen den neuen Nutzungs-Plan, der unter anderem Dichterlesungen, Kammerkonzerte und Veranstaltungen zur jüdischen Geschichte des Hauses vorsieht.

„Wie können wir sicher sein, daß es später nicht doch eine andere als die geplante Nutzung des Saales gibt und somit für uns wieder eine unerträgliche Lärmbelästigung?“, begründeten die Anwohner ihre vehemente Ablehnung auf einer Veranstaltung am Montagabend, die eigentlich die Wogen glätten sollte. Die Mitglieder des Kerngebietsausschusses versicherten den Anwesenden - eingeladen waren Anwohner, Theaterleute, Politiker, Vertreter der Bauprüfabteilung und der Kulturbehörde -, daß inzwischen, auch aufgrund der Beschwerden, sehr hohe Auflagen für die Verwendung des Saals durchgesetzt seien. Doch genutzt soll er werden. Immerhin war das Gebäude einer der Mittelpunkte jüdisch-deutschen Lebens am Grindel, wobei im Logensaal Sitzungen, Hochzeiten und Festessen stattfanden, bevor die Nazis das Haus 1935 zunächst versiegelten.

Die Renovierungsarbeiten sind schon im Gange, Sponsoren sind gefunden, das Denkmalschutzamt investierte 20.000 Mark in die Restaurierung der Logensaaldecke.

Aber nicht nur die zukünftige Nutzung ist einigen Nachbarn ein Dorn im Auge, sondern auch die jüngere Vergangenheit - unter anderem die Bühnenaktivitäten, die Müllentsorgung und die Proben: „Warum war es in der Nacht vom 10. zum 11. Dezember 1993 so laut?“ Die Betreiber des im Gebäude integrierten Restaurants „Freihafen“ mußten sich ebenso den Beschwerden stellen - „sonntags morgens um 8 Uhr werden im Hinterhof die Flaschen sortiert, das können wir nicht dulden“ - wie Barbarino selbst - „Jetzt ist er lammfromm, Sie hätten ihn mal erleben sollen, als wir mit Beschwerden zu ihm kamen“. Doch die Gelegenheit zum unmittelbaren Gespräch mochten die Nachbarn auch nicht so recht nutzen.

Kompromisse scheint es nicht zu geben, die Erwiderung der Anwohner auf Lösungsvorschläge seitens der Theaterschaffenden lautet kategorisch: „Ziehen Sie mal bei uns ein, dann werden Sie bald anders reden.“ Die Fronten sind verhärtet, das Vertrauen ist gestört. Anfang Februar wird ein weiteres Treffen des Kerngebietsausschusses hoffentlich eine endgültige Entscheidung über die Logensaal-Nutzung herbeiführen. Simone Ohliger