Captain Kirk auf Tauchstation

■ Spielbergs „seaQuest DSV“ ab heute jeden Mittwoch bei RTL auf großer Fahrt

Pech im Quotenspiel, aber Glück in der Liebe verbucht gegenwärtig Hollywoods Unterhaltungstycoon Steven Spielberg. Alle wichtigen Kritikerorganisationen nominierten in seltener Eintracht sein ambitioniertes Holocaust-Epos „Schindlers List“ als besten Film des Jahres – eine Ehrung, die zuletzt Robert Altmans „Nashville“ zuteile wurde. Damit rückt der Regie-„Oscar“ für den bislang als Umsatzgaranten sehr geschätzten, als Filmkünstler aber oft bespöttelten Erfolgsproduzenten in greifbare Nähe.

Während er mit seinem Lieblingsprojekt allenthalben auf Anerkennung stößt, hat die von Spielberg produzierte U-Boot-Saga „seaQuest DSV“, ähnlich wie seinerzeit „The Young Indiana Jones Chronicles“ seines Freundes George Lucas, nach einem zunächst vielversprechenden Start schwere Schlagseite bekommen. Neptun meint es anscheinend nicht gut mit den risikofreudigen Verantwortlichen des NBC-Network, die unbesehen 22 „seaQuest“-Folgen orderten.

Warnungen gab es genug: Die Fachwelt unkte bereits, als kurz nach Produktionsbeginn die Dreharbeiten ins Stocken gerieten, der diensthabende Executive Producer Tommy Thompson von Bord geschickt und durch den renommierten David Burke („Kampf gegen die Mafia“, „Tribeca“) ersetzt wurde.

Der Personalwechsel hat sich bemerkbar gemacht: Während Thompson in den von ihm betreuten „seaQuest“-Pilotfilm eine Art „Krieg der Sterne unter Wasser“ veranstaltete, setzt Burke, in Übereinstimmung mit dem mittlerweile stärker involvierten Spielberg, eher auf zwischenmenschliche Dramatik und betont die didaktischen Elemente. „seaQuest“ soll unterhalten und zugleich Wissen vermitteln über die Geheimnisse und ungelösten Rätsel der Ozeane. Dieser vorwiegend sprachlich umgesetzte und um so unangenehmer auffallende Bildungseifer erweist sich schlechterdings als lähmender Ballast für die Dramaturgie. Wenn etwa Roscoe Lee Browne in der Episode „Devil's Window“ mit dem theatralischen Pathos eines Shakespeare-Schauspielers über das Phänomen der als „Vents“ bezeichneten unterseeischen Krater doziert, ergreift sein 16jähriger Gesprächspartner die Flucht – und das taten wohl auch die US-ZuschauerInnen, um sich beim Konkurrenzkanal mit der weniger schwerblütigen neuen „Superman“-Serie „Lois & Clark“ zu vergnügen.

„seaQuest DSV“, als Fernsehproduktion durchaus gutgemeint und aufwendig gemacht, für Fans des Kinomagiers Spielberg aber sicherlich enttäuschend, spielt im Jahre 2018. Das futuristische, gigantisch dimensionierte U-Boot „seaQuest DSV“ durchkreuzt die Ozeane im Auftrag einer Nachfolgeorganisation der UNO, um wissenschaftliche Aufgaben zu erfüllen und den Frieden zu bewahren. Die Besatzung des technologischen Wunderwerks bietet nach bewährtem Muster Identifikationsfiguren für jede Zuschauerschicht; gewisse Ähnlichkeiten mit der Crew der „Enterprise“ sind nicht von der Hand zu weisen.

Das Kommando hat Captain Bridger, als Konstrukteur des Tauchboots ein Käpt'n Nemo der Neuzeit. Kantig, knorrig und mit einem gewissen Rollkragenpullovercharme spielt ihn eben jener Roy Scheider, der einst unter Spielbergs Regie den weißen Hai zur Strecke brachte. Ein ungleich herzlicheres Verhältnis nebst ausgeklügelter Kommunikations- Software verbinden ihn hier nun mit Darwin, einem dressierten Delphin im Rang eines Lieutenants, den Variety zum heimlichen Star der Serie kürte.

Ob Flippers Enkel letztlich verlorene Quoten zurückbringen kann, bleibt abzuwarten. Vielleicht trösten sich die Produzenten derweil mit der Tatsache, daß auch die spätere Kultserie „Raumschiff Enterprise“ anfangs gnadenlos unterging. Eine erste Begegnung mit Darwin ermöglicht der „seaQuest DSV“-Pilotfilm heute um 20.15 Uhr bei RTL. Harald Keller