„Glücksrad“-Oper

■ Junges Forum: Händels „Tamerlan“ zum Abgewöhnen

Die Handlung von Georg Friedrich Händels Oper „Tamerlan“ ist vertrackt: Der türkische Sultan Bajazet (Holger Off) ist vom Mongolenherrscher Tamerlan (Yves Kiffner) besiegt worden und befindet sich mit seiner Tochter Asteria (Julia Barthe) und deren Freund Griechenfürst Andronicus (Werner Buchin) in dessen Händen; nun hat es Tamerlan auf Asteria abgesehen, obwohl er doch schon mit Irene (Monika Degenhardt) verlobt ist. Kurzerhand versucht er deshalb, Irene mit Andronicus zu verkuppeln, um Asteria für sich zu gewinnen. Was dem Hoffen auf ein Happy End dieser Liebestragödie im Weg steht, ist eines: Diese Oper ist langweilig und ihr Thema ist heutzutage mit „Verzeih mir“, „Traumhochzeit“ und „Glücksrad“ im Fernsehen leichter zu haben. Mag sein, daß Händels Werk im Jahr der Uraufführung 1724 durchaus seine revolutionären Züge trug, indem er das Stück nicht im vorgeschriebenen Optimismus enden ließ, sondern in Moll. Aber mal ehrlich: im Zeitalter von Mikrotonalität und Freestyle-Rap sind doch Moll-Arien allein von chronistischem Wert. Und ernsthaft bleibt zu fragen, was junge Menschen dazu treibt, eine Oper auf die Bühne zu bringen, in der es um die Liebesaffäre von Massenmördern und Staatsterroristen geht. Natürlich mag es heikel gewesen sein, wenn Händel die höfische Gesellschaft vorführte - weil der Hof sein Publikum war, während uns heute diese Gefühlstragödie auf dem Blut des Volkes nur Unterhaltung sein kann.

Wieso nimmt man es eigentlich immer selbstverständlich hin, daß alte Werke in ihrer Inszenierung (Jana A. Höpfner) und im Kostüm (Alexander Mudlagk) zeitgenössisch sich anbiedern können, daß gleichzeitig aber das große Tabu über das Tonmaterial verhängt wird, nicht eine Note zu streichen, nicht eine dieser unsäglich drögen Wiederholungen herauszunehmen, nicht einen Takt wenigstens doppelt so schnell zu spielen?

Roger Behrens

Weitere Vorstellungen: 22., 26., 28. 1., sowie 1. und 3. 2., jeweils 19.30 Uhr; am 30.1. um 16 Uhr. Forum der Musikhochschule