„Das ist unser Land“

■ Australische Skinheads wüten in „Romper Stomper“ / Aufklärung oder Gewaltverherrlichung?

Wütende Proteste bei den Filmfestspielen in Hof 1992. Bedenken beim Verleih, den australischen Film Romper Stomper überhaupt in die deutschen Kinos zu bringen. Der Grund für die Kontroverse: Romper Stomper erzählt die Geschichte einer Gruppe Skinheads in Melbourne. Er schildert das alltägliche Leben, die Saufgelage, die Gewalttaten und die daraus folgernde Selbstzerstörung und zwar ohne begleitenden Kommentar, ohne Wertung oder eine besondere Fokussierung auf die Opfer.

Der Zuschauende wird in eine Beobacherposition gebracht. Er wird unvermittelter Zeuge der Gewalttaten, der brutalen Überfälle auf Vietnamesen, die sich als jüngste Migrantengruppe das Umfeld mit der weißen Unterschicht teilt und die für die Skins - in dem von den Ureinwohnern geraubten Einwandererland -, das Hauptfeindbild darstellt. Zudem wird der Zuschauende in den Alltag der Skins entführt, mit schaudern machende Liebesszenen vor der Hakenkreuzfahne konfrontiert, und mit den Beziehungen und Konflikten innerhalb der Gruppe - besonders als das Grunge-Girl Gabe zu den Skins stößt.

Zutaten, die eigentlich auch in jedem Gang-Film zu finden sind in denen a la The Warriors, The Wanderers und so weiter, Filme, in denen die Geschichte jugendlicher Subkultur erzählt wird, und die schließlich im Kino gewaltverherrlichend wirken. Doch Romper Stomper ist nicht das, was Quadrophenia Ende der 70er für die Mods war: Ein Kultfilm, ein Aufruf zur Nachahmung, zur Adaption des Stils.

Okay, Romper Stomper, zeichnet sich auch in stilistischen Fragen durch Authentizität aus. Mehr noch, er gewährt Einblicke in das Leben dieser unheimlichen subkulturellen Unterschicht. Er zeigt allerdings auch die Widersprüchlichkeiten auf – etwa durch Davye, der seine Nazi-Insignien zuhause vor seiner deutschstämmigen Großmutter versteckt. Beklemmend wirkt Romper Stomper in den Momenten, in denen er die Skins als Opfer der Gewalt zeigt. Als Opfer der Rache der Vietnamesen etwa, die zuvor von den Skins zusammengeschlagen wurden oder aber als Opfer der Polizei. Der australische Regisseur Geoffrey Wright hat den Film allerdings durch die ganz nebenbei erzählte Geschichte von Gabe, die sich an ihrem Stiefvater rächt, der sie jahrelang sexuell mißbrauchte, überfrachtet. Vor allem, wenn in Sequenzen wie dem Überfall auf das mit Kunstwerken vollgestopfte Anwesen des Stiefvaters von Gabe im Hintergrund Musik von Bizet ertönt. Das wirkt zumindest entfernt wie eine Anleihe aus Kubricks Clockwork Orange, und läßt den Film etwas von der ansonsten glaubwürdigen Authentizität verlieren.

Diese Überfrachtung ist auch der Grund, warum es sich bei Romper Stomper nicht um einen wirklich hervorragenden Film handelt, um kein Meisterwerk. Dennoch gibt er einen wichtigen und unverstellten Einblick in eine Subkultur, die einem angesichts des deutschen Alltags der 90er Jahre, zu recht unheimlich erscheint.

Kinomacher Jens Meier vom 3001 wünscht sich, daß im Anschluß an die Vorführungen heftig diskutiert wird - und das dürfte nach diesem Film kein Problem sein. Kai Rehländer

Kino 3001