Alle sagen Nein!

Betr: „Grünen-Streit um Sendemasten“, taz vom 17.1.

1) Die Borgfelder Wümmewiesen umschließen unsere Stadt im Nordosten. Die ungefähr 700 ha große Feuchtwiesenlandschaft wird geprägt von den Gezeiten und Überschwemmungen im Winter und Frühling. Diese Landschaft entstand als Kulturland schon im Mittelalter, da entwässerten die Holländer den Bremer Osten. Das Land ist von frühen Formen der Landwirtschaft geprägt und heute noch fast unverändert bis zum Horizont.

Dieser Feuchtwiesenlandschaftstyp prägte einst die norddeutsche Kulturlandschaft, doch wurde er in den letzten Jahrzehnten durch intensive Landwirtschaft und z.B. Umwandlung in Ackerland durch weitere Trockenlegung zunehmend zerstört.

Die Borgfelder Wümmewiesen sind eines der letzten großen Feuchtwiesengebiete in Deutschland, das letzte in Norddeutschland. Der herausragende Wert für den Naturschutz beruht nicht zuletzt und gerade auf seiner Größe. Sie – die Größe – ist Voraussetzung dafür, daß viele Arten der Wiesenlandschaft, Pflanzen und Tiere neben und miteinander leben können, hier ihre Rückzugsgebiete haben oder hier rasten.

2) Weil sich diese Landschaft so weit erstreckt, kommt ihr ein besonders hoher ästhetischer Wert zu. Die Feuchtwiesen sind wegen ihrer Schönheit und Vielfalt in ein Förderungsprogramm des Bundes „Naturschutzvorhaben gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung“ aufgenommen. Bund, WWF und weltweit organisierte Naturschutzverbände halten unsere Wümmewiesen für ein besonders schützenswertes Gut. Im Jahre 1987 wurden sie unter Naturschutz gestellt. Der Bereich für die geplanten Sendemasten unter Landschaftsschutz. Vorausgegangen waren mühevolle Verhandlungen zwischen Umweltschützern, Politikern und Bauern. Die Bauern mußten sich bereiterklären, von der intensiven Landwirtschaft umzusteigen auf eine Nutzung, die den Lebensbedingungen angepaßt ist. Das bedeutet hohe Wasserstände, keine oder wenig Düngung, die erste Mahd nicht vor Juni, bis die Wiesenbrüter ihre Jungen großgezogen haben.

3.) Radio Bremen will im Landschaftsschutzbereich einen 300 m Sendemasten mit riesig langen Spannseilen aufstellen. Daneben noch ein paar kleine. Das Gelände wurde schon vor Jahren aufgekauft. Es geht – so ist zu hören – um die Erweiterung der Sendebereiche, verbunden mit erhöhten Werbeeinnahmen ohne die Radio Bremen in Schwierigkeiten zu kommen meint! Außerdem will man den Sender in Horn loswerden, um dort das Land als Gewerbefläche zu nutzen. Die Wahl des neuen Standortes Wümmewiesen wird damit begründet: Es sei der am wenigsten schlimme!

Alle Umweltverbände sagen Nein! Er ist der teuerste, schädlichste und es gibt keine Ausgleichsmaßnahmen. Ein Gutachten des WWF belegt dies und es werden interessante Varianten für Radio Bremen vorgeschlagen, z.B.: eine Sendekombination von den Sendern Horn, Steinkimmen und Walle. Außerdem kann man in den nächsten fünf Jahren noch weiter nachdenken und mit politischem Willen und Kreativität kann Radio Bremen weiterbestehen – ohne den Sender in den Wümmewiesen. Wenn wir von den Bauern ökologische Landwirtschaft erwarten, dann dürfen wir auch bei Radio Bremen und allen Verantwortlichen Umdenken anmahnen. Niemand würde es wagen, unseren historischen Marktplatz, Böttcherstraße oder Schnoor zur Disposition zu stellen. Damit wirbt die Stadt in aller Welt für sich. Auch die Wümmewiesen gehören zu diesen Unersetzlichkeiten und prägen unverwechselbar das Profil Bremens, weit über Bremen hinaus!

4.) Bremen ist die Stadt an zwei Flüssen. Für die Weserseite gibt es neuerdings große Anstrengungen, damit die Menschen wieder merken können, daß sie an der Weser leben. Der zweite Fluß – die Wümme – da ist noch alles okay!

Christa Meyer