Schloßplatz statt Marx-Engels-Platz

■ Verkehrssenator Haase will sozialistische Ahnherren aus Stadtbild löschen: Auch Zetkin, Luxemburg und Liebknecht

Mit Vorschlägen zur Umbenennung von zehn Straßen hat Verkehrssenator Herwig Haase eine neue Runde in der Auseinandersetzung um die politischen Traditionen Berlins eingeläutet. Während in der Vergangenheit die entsprechenden Initiativen seines Hauses auf die unmittelbare SED- Vergangenheit der DDR zielten und der Otto-Grotewohl-Straße oder der Wilhelm-Pieck-Straße galten, trifft seine jüngste Attacke Namen, die zumindest noch der linke Flügel der Sozialdemokratie zu seinem politischen Erbe zählt. Die geistigen Urahnen der Sozialdemokratie, Karl Marx und Friedrich Engels, sollen nicht mehr die Namenspatrone des zentralen Ortes auf der Spreeinsel sein, dieser soll zukünftig in Anlehnung an seine wilhelminische Tradition (und seine zukünftige Bebauung?) wieder „Schloßplatz“ heißen. Die Karl-Marx-Allee wird gleichfalls unter Rückgriff auf ihre historische Bezeichnung Große Frankfurter Straße genannt werden.

Die beiden Gründer der KPD, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, werden zurechtgestutzt. „Karl Liebknecht“ heißt die gleichnamige Straße nur noch zwischen Alexanderplatz und Mollstraße, vom Alexanderplatz bis zur Schinkelbrücke wird man zukünftig über die Otto-Braun-Straße kommen. Damit wird der SPD-Politiker und letzte preußische Ministerpräsident geehrt. Dessen Kabinettskollege und Parteifreund Rudolf Hilferding wird „Rosa Luxemburg“ als Straßennamen ablösen. Der Luxemburgplatz bleibt erhalten. Hingegen werden Clara Zetkin und Georgi Dimitroff vollends aus dem Straßenverzeichnis verschwinden. An die Stelle der SPD- und späteren KPD-Politikerin tritt wieder die Kurfürstin von Brandenburg, Dorothea, die schon dem ganzen Viertel ihren Namen gegeben hat. Dem Generalsekretär der Komintern sollen der Zentrums-Politiker Matthias Erzberger und der Bismarck-Berater Ludwig Bamberger auf den Emailleschildern folgen. Der Politkommissar des Thälmann-Bataillons im Spanischen Bürgerkrieg, Hans Beimler, wird verschwinden, die Straße heißt dann Neue Greifswalder Straße. Die Almstadt- wird in Bernhard- Weiß-Straße umbenannt werden und so den Berliner Polizeivizepräsidenten von 1927 bis 1932 ehren, und das Kapelle-Ufer soll Treidel- Ufer heißen. Auch eine Auseinandersetzung, die bereits beendet schien, wird wieder aufflammen, wenn Haases Vorschläge Wirklichkeit werden. Während zur Zeit die SPD-, die PDS- und die Grünen- Fraktion des Abgeordnetenhauses ihre Adresse an der Niederkirchnerstraße haben, soll in Zukunft die Anschrift der CDU-und FDP- Fraktion „Am Preußischen Landtag“ parteiübergreifende Allgemeingültigkeit erhalten.

Diese Ersatznamen wurden von einer Kommission erarbeitet, die Haase eingesetzt hat. Noch keine Neubenennungen wurden für die Habersaath- und die Max-Beer- Straße sowie den Bersarinplatz gefunden. Die Vorschläge sollen, sobald sie vorliegen, den betroffenen Bezirken unterbreitet werden. Dieter Rulff

Foto: Rolf Zöllner