Hin zur „Weiberlehranstalt“?

■ Diskussionsmarathon um eine Frauenuniversität in Deutschland

Während Frauen in den USA, Norwegen, Großbritannien und Frankreich seit Jahren unter Ausschluß der Männer forschen und auf Führungspositionen vorbereitet werden, ist in Deutschland der Versuch einer Frauenuni schon früh an patriarchalischen Strukturen gescheitert: Nur von 1848 bis 1852 existierte die Hamburger Frauenhochschule. Trotzdem wird weiterhin über eine solche Utopie diskutiert. „Hin zur Weiberlehranstalt?“ – zu diesem Thema fand am Mittwoch in Bremen Diskussionsmarathon statt.

„Hin zur Weiberlehranstalt?“ Das Fragezeichen schien Motto, denn wenig wurde beantwortet, viel gefragt. Zum Beispiel, ob das Lehrangebot an einer Frauenuni fächerübergreifend ausgerichtet sein sollte, oder ob Frauen ihrer geistes- und sozialwissenschaftlichen Domäne treu bleiben sollen. Gibt es überhaupt genug Nachwuchs für die naturwissenschaftlichen Professuren? Offen blieb auch die Frage, ob der Abschluß an der Frauenuni auf dem Männer-beherrschten Arbeitsmarkt akzeptiert oder durch Klischees vom „Puddingabitur“ und Mädchenpensionaten belastet sein würde?

Trotzdem: Seit Oktober unterstützt der Bremer Förderverein „Virginia Woolf Frauenuniversität“ mit 40 Mitgliedern das Projekt einer europäischen Frauenuni in Deutschland. Lehrsprache wäre deutsch, so die Vorsitzende des Fördervereins, Dr. Erika Riemer- Noltenius. Ein solches Wissenschaftszentrum könnte Virgina Woolf Universität heißen. Nach Jahren der Diskussion um die inhaltliche Gestaltung sei nun der Zeitpunkt gekommen, konkrete Strukturen zu schaffen.

Doch gerade konkret wurde die Bremer Diskussion mit Vertreterinnen aus Lehre und Forschung nur selten. Die Notwendigkeit eines solchen experimentellen Angebots begründete Barbara Rohr, Pädagogik-Professorin der ersten Stunde an der Bremer Uni, mit ihrer eigenen „Bildungsbiographie“: Viel zu lange habe sie sich Denk- und Sprechweisen der männlichen Professoren zu eigen gemacht und nach dem „Stereotyp der beliebten Kollegin“ verhalten. Eine Befreiung aus patriarchalischen Zwängen aber sei nur unter Ausschluß von Männern möglich.

Auch die Bremer Biologin Dr. Dagmar Heymann wurde in ihren Forderungen kaum konkreter. Naturwissenschaft und Technik sollten sich nicht weiterhin in Ziele verrennen, die in der Männerwelt Anerkennung brächten, aber ohne Nutzen seien. Bei der Entwicklung alternativer Forschungskonzepte stellt sich Heymann eine Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlerinnen der geplanten Frauenuni und Naturwissenschaftlerinnen aus „normalen Labors“ vor.

Nur an einer TU der Frauen, so auch die Überzeugung von Ayia Neusel, Mitbegründerin der Gesamthochschule Kassel und Vorsitzende der Frauenforschungskommission Niedersachsen, könne die enge Koppelung von Technik, Männern und Militär aufgebrochen werden. Sie ist in diesem Modell für die Abschaffung einer koedukativen Universität und träumt von einem „Ort zum Durchatmen“, an dem Frauen – unabhängig vom Maßstab Mann – Chancen haben. Denn trotz des „Bildungsbooms der Frauen“ in den vergangenen 20 Jahren, so die Kasseler Professorin, lasse die Integrationen dieser „hochqualifizierten Frauengeneration“ auf sich warten.

Als eine der wenigen Kritikerinnen räumte Gundula Lösch-Sieveking von der Frauen-Gleichberechtigungsstelle Bremen ein, daß eine Frauenuni nicht zeitgemäß sei: „Sonderwege der Berufsausbildung haben Frauen in der Vergangenheit in berufliche Sackgassen geführt. Vor diesem Hintergrund sehe ich in der Gründung einer Frauenuniversität keine Gegenmacht. Es fehlt auch das inhaltiche Konzept.“ Stattdessen sprach sie sich für die Gründung eines „zeitgemäßen“ Frauenforschungsinstituts in Bremen aus, das Wissenschaftlerinnen Beschäftigungs- und Qualifizierungsperspektiven böte. Der Bremer Unirektor Jürgen Timm, einer der wenigen anwesenden Männer, versprach indes hoch und heilig: „Ich will mich ernsthaft mit der Idee der Frauenuni auseinandersetzen.“

Sabine Komm