Teure Liebesbriefe, billige Kataloge

■ Die Post soll bei Massensendungen schon bald ihr Monopol verlieren

Bonn (taz/dpa) – Briefeschreiben wird bald zur Luxusbeschäftigung. Wenn demnächst Massensendungen von privaten Unternehmen statt von der Post transportiert werden, stehen drastische Portoerhöhungen an. Auch mit vielen Entlassungen sei zu rechnen, sagte gestern der Sprecher des Unternehmens Heinz-Hermann Herbers. Gestern hatte die Süddeutsche Zeitung berichtet, Bundeskanzler Helmut Kohl habe im September dem Großversandhaus Quelle schriftlich zugesichert, das Postdienstmonopol bei Massensendungen aufzuheben. „Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wann es dazu kommt“, bestätigte ein Kanzleramtssprecher gestern.

Die Versandhäuser hatten bei der Gebührenerhöhung 1993, die insbesondere auch das Porto für Kataloge heraufsetzte, ihre Lobbyisten scharenweise in die Ministerien geschickt. Der damals noch amtierende Postminister Schwarz- Schilling hatte schließlich den Vorstandsvorsitzenden versichert, daß spätestens im ersten Halbjahr 1994 das Briefmonopol der Post aufgehoben werde.

Für die gelbe Post sind die Massendrucksachen ein relativ gutes Geschäft. Reißt man ihr dieses Standbein weg, sei das Unternehmen in seiner Existenz bedroht, so Herbers. Mindereinnahmen von 3,5 Milliarden Mark im Jahr seien zu erwarten. Das ließe sich nur mit einer Verteuerung der Briefbeförderung um bis zu 37 Pfennig oder mit einem Abbau von 40.000 Arbeitsplätzen ausgleichen. Die Regierung hält diese Annahme für zu pessimistisch und spekuliert, daß lediglich ein Finanzloch von 500 Millionen Mark entstehen werde.

Die Post fürchtet jetzt auch eine Durchlöcherung des Monopols beim Versand von normalen Briefen, da es dann keine wirksame Kontrolle mehr gebe. Zugleich machte sie deutlich, daß der Postdienst eine schrittweise Liberalisierung akzeptiere, wie sie in der Postreform II grundsätzlich anvisiert sei. Man wandte sich aber gegen eine „kurzfristige und kurzsichtige partielle Marktöffnung“. Der betriebswirtschaftliche Nachteil der Post liegt vor allem noch darin, daß sie im Gegensatz zu den privatwirtschaftlich arbeitenden Prospektverteilern, verpflichtet bleibt, auch jeden Landhaushalt zu beliefern. Auswirkungen seien auch für die Pressepost zu erwarten, so Herbers. Die in diesem Bereich hohen Subventionen könnten künftig nicht mehr aufgebracht werden. Das würde auch zur Existenzbedrohung vieler kleiner Verlage führen.

Hans Gottfried Bernrath, der für die SPD in der interfraktionellen Postreform-Arbeitsgruppe sitzt, glaubte gestern allerdings noch, das Ansinnen der Versandhäuser sei längst vom Tisch. aje