Gauweiler sorgt für unionsinterne Zwistigkeiten

■ Die Affäre um die Anwaltskanzlei des bayerischen Ministers erreicht den Bonner Bundestag / Eine kleine Anfrage der SPD mit großen Folgen fürs Unionsklima

Berlin (taz) – Die Gauweiler- Affäre ist endlich in Bonn angekommen. Dort streiten sich Abgeordnete der verschiedenen Fraktionen zwar nicht mehr über die Frage, ob der bayerische Umweltminister Peter Gauweiler (CSU) die Verpachtung seiner Kanzlei mit einer widerrechtlichen Zuerwerbsklausel gespickt habe. Es scheint längst Einigkeit darüber zu bestehen, daß die in Gauweilers Pachtvertrag mit einer Anwaltskanzlei enthaltene Klausel rechtswidrig ist. Darin wurde geregelt, daß neue – über Gauweiler dazugewonnene – Mandanten bei einem späteren Wiedereintritt in die Kanzlei zu seinen Gunsten angerechnet werden. Auch hat Gauweiler nach eigenen Angaben diese Klausel längst aus dem Vertrag gestrichen.

Der Streit hat sich auf die Frage verlagert, ob das Bundeskanzleramt alle Antworten auf Anfragen an die Bundesregierung gegenzulesen habe. Hintergrund: 35 SPD- Abgeordnete hatten im Zusammenhang mit der Kanzleiaffäre des bayerischern Umweltministers – ohne allerdings dessen Namen zu nennen – an die Bundesregierung eine kleine Anfrage gestellt. Diese wurde aus dem Hause der sachlich zuständigen Bundesjustizministerin beantwortet und zwar mit der eindeutigen Formulierung: Derartige Vertragsgestaltungen „dürften nach geltendem Recht als unzulässig anzusehen sein“.

Das erregte zunächst den CSU- Chef Theo Waigel, der verlangte, daß alle Antworten auf Anfragen an die Bundesregierung über den Tisch des Bundeskanzleramts zu gehen haben – in der nachvollziehbaren Annahme, daß derartige Klarstellungen zuungunsten eines Parteigenossen dann nicht mehr an die Öffentlichkeit gerieten. Dann äußerte sich auch der Kanzler persönlich erbost über die Beantwortung der Anfrage, und schließlich landete die ganze Geschichte in der gestrigen aktuellen Fragestunde des Bundestags.

Kanzleramtsminister Friedrich Bohl sagte, daß es „wichtig und richtiger“ gewesen wäre, wenn das Bundesjustizministerium mit der Regierung Rücksprache gehalten hätte, daß es andererseits aber durchaus „vorkomme, daß unabgestimmte Aussagen an die Öffentlichkeit“ gerieten, ohne daß sich diese mit der Meinung jedes Regierungsmitglieds decken müßten. Ansonsten geschah nichts.

Die Geschichte ist alt. Neben der Zugewinnklausel, die Ulrich Battis, Profesor für öffentliches Recht an der Humboldt-Uni Berlin als „widerrechtliche Kapitalisierung seiner Amtstätigkeit als Minister“ begreift, hatte Gauweiler in dem Vertrag mit der Anwaltskanzlei ein Monatseinkommen von 10.000 Mark vereinbart. Zu diesem Punkt des Vertrages äußert sich das Bundesjustizministerium nicht, da ihm „Erkenntnisse über die zeitliche Möglichkeit des Aufbaues von Mandantenstämmen“ nicht vorliegen.

Hans-Jochen Vogel (SPD), einer der 35 Bundestagsabgeordneten, die die kleine Anfrage in Sachen Gauweiler an die Bundesregierung gestellt hatten, findet es vollkommen „exzeptionell“, wie ein Berufsanfänger, „und das war der wackere Mann“, nach nur drei Jahren Anwaltstätigkeit einen Mandantenstamm aufbauen konnte, der ihm ein derartiges Einkommen gewährleistet.

Renate Schmidt, Chefin der bayerischen SPD und eine der Anfragenden, forderte Ministerpräsident Stoiber auf, „endlich die Konsequenz der Entlassung zu ziehen“. Der indes stellt sich hinter den Mann und meint, daß die Angriffe der Sozialdemokraten durchsichtige Propaganda seien. ja