■ Rosi Rolands unglaubliche Geschichten: Und bitte um Erstattung
Neulich begab es sich, daß den vormaligen bremischen Generalintendanten Hansgünther Heyme wieder einmal die Lust überkam, gegen Bremen zu wettern. Fehlte bloß noch das Mittel zum Zweck, denn in allen größeren Zeitungen außer denen, die ihn besser kennen, hatte er schon wettern dürfen, aber immerhin: im Fernsehen noch nicht.
Wer vermöchte da die Charmanz des Zufalls zu beschreiben, daß gerade auch dem WDR für seine Serie „Gespannt auf..“ die Kandidaten ausgegangen waren. Kurzum, der WDR erklärte sich bereit, gespannt auf Heyme zu sein, und schon konnte es losgehen.
Das war kurz vor Weihnachten. Im Studio traten nacheinander eine Moderatorin, der Theaterkritiker Werner Schulze- Reimpell und C. Bernd Sucher von der Süddeutschen Zeitung an Heyme heran und begruben ihn mit Zähsinn unter ihren schwerwiegenden Fragen, aber immer wieder kam Heyme herausgestrampelt und sagte: „Aber Bremen war doch einfach scheiße!“ Jedenfalls sinngemäß. Im einzelnen sagte er wohl, daß die grüne Kultursenatorin eine katastrophale Politik verantworte, daß man ihm Milliarden von versprochenen Kröten nicht auszahlen mochte, daß es „ganz furchtbare“ Intrigen gegen ihn gegeben habe, und wie einer an einem solchen nachtfinstren Ort gefälligst noch eine Kunst machen soll, und daß in Bremen sowieso die Verwaltungsdirektoren das Regiment übernommen haben und die ganze ausgemergelte Bevölkerung tyrannisieren.
So wand er sich aus jedem Schlammassel als frevlerisch besudelte Lichtgestalt heraus, und bald war die allezeit unbezwingliche Heuchelhaftigkeit schier nicht mehr auszuhalten.
Es nahm aber doch ein Ende, und es vergingen zwei, drei Wochen, innert derer in Bremen der Verwaltungsdirektor Rempe zähneknirschend durch die Stadt lief und dann aber doch von einer Anzeige und von jeglichem Eklatmachen absah.
Da setzte sich Heyme, auch nicht faul, an seinen Schreibtisch und schrieb dem Verwaltungsdirektor des Bremischen Theaters, allwo er als Schauspielleiter für das Verrichten von nahezu nichts immer noch zirka 260.000 Mark (!) einsackelt, einen Brief folgenden Inhalts: Der WDR sei ja leider für Hotel- und Anreisekosten betreffend die Fernsehsendung nicht aufgekommen. Nun möge also das Bremer Theater ihm, Heyme, die angefallenen Beträge in Höhe von soundsovielen Hundertern baldigst auszahlen.
Der Verwaltungsdirektor lehnte knappstens ab; mehr fiel ihm nicht mehr ein. Ja, vor der unerschrockenen Monumentalität dieses Eintreibertums verstummt am Ende selbst Ihre
Rosi Roland
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