Defizite in der Behindertenpolitik

■ Hilfen für Behinderte im Landtag unterschiedlich bewertet

Die Hilfen der Landesregierung für die rund 800.000 Behinderten in Niedersachsen sind am diese Woche im Landtag von den Landtagsparteien unterschiedlich bewertet worden. Sozialminister Walter Hiller (SPD) sprach von beachtlichen Fortschritten in der Behindertenpolitik. Er hob die in Niedersachsen erstmalige Berufung eines Landesbehindertenbeauftragten hervor.

Nach Hillers Angaben wurden seit 1990 – dem Jahr der Regierungsübernahme – die Plätze in Behindertenwerkstätten um 1.800 auf 15.800 (Stand 1993) erhöht. Ende 1993 habe es rund 4.800 Wohnheimplätze gegeben, was im Vergleich zu 1990 eine Steigerung von 30 Prozent darstelle.

Der CDU-Abgordnete Lothar Hampe kritisierte demgegenüber, daß nur ein geringer Teil des Mittelzuwachses für Behinderte in Leistungsverbesserungen fließe. Das meiste Geld muß ihm zufolge für Kostensteigerungen ausgegeben werden. Er betonte, nach wie vor hätten es Behinderte besonders schwer, auf dem freien Markt eine Wohnung zu finden.

Für die FDP-Fraktion sagte deren Abgeordnete Friedrich-Theodor Hruska, die Behindertenpolitik der Landesregierung befinde sich „auf einem guten Weg“. Allerdings gebe es Defizite unter anderem im Bereich der Frühförderung behinderter Kinder und generell bei der Integration. Die Landesregierung forderte er auf, das gesetzlich vorgeschriebene Soll von mindestens sechs Prozent beschäftigter behinderter Menschen im Bereich der Landesverwaltung zu erfüllen.

Wie Hiller zog auch der Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Pico Jordan, eine positive Bilanz der Hilfen für Behinderte. Er forderte eine Erhöhung der Ausgleichsabgabe für die Betriebe, die die vorgeschriebene Mindestanzahl von behinderten Arbeitnehmern nicht erfüllen. Jordan beklagte das gesellschaftliche Klima, in dem Ausschreitungen gegen Behinderte möglich seien, und appellierte an die Bürger, sich dieser Gewalt mit mehr Mut zur Wehr zu setzen. dpa