Travel-Englisch leichtgemacht!

■ „Jetten Sie single oder double, IT, Comfort oder Business Class?“ Oder: Reisehaie gehen nicht so leicht an die Angel

Als Angler stehe ich dazu: Ich schlage Fische tot – nicht unsere Sprache. Gerade habe ich die Hitparaden der Producer durchgecheckt und bin fit für die Bestseller der neuen Saison: die Fishing Tours. Aber cool anpowern, denn das Angellatein, made in Germany, ist nicht die Sportfischereiprüfung – wenigstens als Gütezeichen – für Travel-Englisch!

Denn der hochgebürstete Sprachstil kreativer Werbe-Wort- Worker ist nicht recycelbar wie ein Kunststoff der Produkte. Aus den Innovation-Centers der Tour- guides, Travel-agents und Incentive Tours ergießt sich wie Ketchup über Hamburger ein Potpourri von Kürzeln und Kauderwelsch über das Volk der Dichter und Denker. Ist unsere Sprache unkaputtbar gut, wie Coca-Cola das felsenfest von einer Limonadenflasche behauptet?

Als Fliegenfischer wage ich bisweilen eine Individualtour, sagen wir – unverfänglich – zum Shopping nach London ins „Farlow's“, seit 150 Jahren Fisherman's Friend und Mekka der Angler, nicht nur beim heutigen Wechselkurs. Hatte ich vorsichtshalber den Times- Artikel über die „German linguistic submissiveness“, unsere bekannte sprachliche Unterwürfigkeit, überflogen, muß ich die Travel-Service-Hostess hinter dem Counter ziemlich perplex angestarrt haben, als sie loslegte: „Jetten Sie single oder double, IT, Comfort oder Business Class? Carrier? In London Bed & Breakfast oder Full Service, Fly-and-Drive- Arrangement, Rent-a-car oder nur Transfer vom Airport zur City- Lodge?“

„Nein“, stotterte ich, „ich möchte mit dem Doppeldeckerbus zum Trafalgar Square fahren und per pedes ganz langsam durch die Terra incognita in die Pall Mall bummeln.“ Latein war nicht ihre Stärke. Sie orderte kurz angebunden über die Hot-Line zum Tour- operator einen Last-Minute-Flug zur von mir gewünschten Destination. Mein Plastic-money war welcome.

Ich habe es glatt geschafft und bin o.k. für höhere Weihen: den Highlights und dem Flair der exklusiven weiten Angelwelt. Die Headlines der Prospekte wohlgeordnet, bevor ich special selections vornehme, will ich nur Details des London-Trips als Kostprobe feilbieten: Die Airline hatte kein delay, und der Flug war nicht gecancelt, der Airbus rollte on schedule über die Runway. Im Terminal ready zum Take-off offerierte mir die Ground-Hostess die Boarding Card. Auf dem Weg zum Gate warf ich kurz einen look in den Duty-free-Shop, verstaute gerade das Bordcase und wollte mich relaxed ausbreiten, da servierte mir der Purser mit seiner Crew schon die bestellten Snacks, tatsächlich gänzlich ohne das rote Ketchup. Da ich kein cleverer Business-Traveller bin, der im Full-time-Job, von Meeting zu Meeting düsend, beim Stopover kurz Big Game Fishing als Post-convention- Tour einschiebt, schwebt mir ein organisierter Ego- und Ökotrip vor, jedenfalls to the real things. Vielleicht geht's auf Humboldts Spuren den Rio Negro hinauf in die Grüne Hölle oder schlicht nach Afrika: Big Game und Safaris, wo die Welt noch in Ordnung ist. Natürlich vom Fünf-Sterne-Hotel oder von einer All-inclusive-Clubanlage aus, sonst gibt es in den Gegenden keine wirklich anständige Bleibe!

Ich zögere, die Guides zu readen, weil mich mein Holiday- Traum bannt: Highlife und Action! Welcome- Drink in der Lobby, Cocktail am Swimmingpool, nach dem Barbecue zur Open-air-Disco oder Landesfeeling bei der Folklore-Show einatmen. Wauw! Und dann die Big-Game-Boote, komplett ausgestattete Hochseejachten, die Boys servieren Softdrinks und Lunch an Bord, High-noon vor dem Drill, abwechselnd short und long days, damit time bleibt für Surfen, Sightseeing und Shopping.

Wauw!

Alles roger oder rien ne va plus? Natürlich ist meine Story Sermon mit viel Nonsens, denn Reisehaie gehen nicht an die Angel. Und jetzt macht die Maus klick – ein gelungenes Beispiel für angeblich unübersetzbare Wörter. Rainer Pollmeier