Hessischer Lotto-Skandal: Sonderspiele im Kabinett

■ Revirement in der Landesregierung

Wiesbaden (taz) — Sich an den eigenen Haaren aus dem Lottosumpf zu ziehen: Dieses Kunststück scheint gestern dem hessischen Ministerpräsidenten Hans Eichel gelungen zu sein. Mit einer Kabinettsumbildung verschaffte sich der Sozialdemokrat, nach dem Rücktritt von Finanzministerin Annette Fugmann-Heesing (SPD) am späten Donnerstagnachmittag, Luft im Kampf um das politische Überleben. Der bisherige Wirtschaftsminister Ernst Welteke (SPD) wird neuer Finanzminister in Wiesbaden; der noch amtierende Vorsitzende der Landtagsfraktion der SPD, Lothar Klemm, neuer Wirtschaftsminister. Auch auf der Staatssekretärsebene fand auf Druck von Eichel ein Revirement statt. Nach der Entlassung von „Lotto-Staatssekretär“ Otto Geske (SPD) soll der bisherige Leiter der Atomabteilung im Umweltministerium, Harals Noack, als Staatssekretär ins Finanzministerium wechseln. Und Mattias Kurth (SPD) aus der Landtagsfraktion kommt zu Staatssekretärsehren im Wirtschaftsministerium. Der bisherige Staatssekretär Jürgen Wefelmeier wird in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Noch offen war zu Redaktionsschluß, wer neuer Vorsitzender der Landtagsfraktion wird, ob auch Ministerin Evelies Mayer (SPD) wird gehen müssen — und ob Georg Dick (Bündnis 90/Die Grünen) vom Umweltministerium endgültig in die Staatskanzlei wechseln darf, um zusammen mit dem designierten zweiten Regierungssprecher, Klaus-Peter Schmidt-Deguelle, das rot-grüne Regierungsbündnis nach außen zu vertreten. Der von Eichel hochgelobte Dick hatte in den letzten Wochen alleine für Eichel den Schild gehalten.

Mit dem Reviremet, das Eichel erst nach harten Auseinandersetzungen mit seiner Landtagsfraktion durchsetzen konnte, ist der Lottoskandal in Hessen allerdings noch nicht ausgestanden. Und schwerer noch schlägt der politische Flurschaden zu Buche. kpk

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