Unterm Strich

Kleiner Nachtrag zu Samstag, zu vor drei Wochen und vor fünf Wochen und so weiter: Marcel Ophüls protestiert, in seiner Eigenschaft als Sohn von Max Ophüls, gegen die Aufnahme des Films „Beruf Neonazi“ ins Programm des Max-Ophüls-Filmfestivals in Saarbrücken. Sollte der Film nicht aus dem Programm genommen werden, wolle er, Ophüls, ein Verbot der Verwendung des Namens seines Vaters und des Schattens des Körpers des Kutschers und so weiter durchsetzen. Der Film ist mittlerweile aus dem Programm genommen worden mit der aparten Begründung durch den Bürgermeister, die „Diskussion um diesen Film könne als Verletzung des künstlerischen Werks von Max Ophüls und seiner Person verstanden werden“, zitiert dpa.

Endlich: Neuerdings erscheint in Fronkreisch ein Magazin mit dem Titel „Divorce“. Die fünfköpfige Redaktion hat es sich zur Aufgabe gemacht, Scheidungsangelegenheiten für Anfänger so aufzubereiten, daß sie wie ein Kinderspiel wirken. „Apprivoiser la solitude“, „Stress: bien dormir“ heißen die tröstlichen Titel. Erfahrungsaustausch findet nicht nur von Scheider zu Scheider statt, sondern auch die Eltern der Paare kommen zu Wort, Anwälte, Psychologen etc. Man wird das Gefühl nicht los, ein Freizeitmagazin in der Hand zu halten: Schneller Lieben, 50 Arten, Ihren Liebhaber zu verlassen, Mein schönstes Trennungsgespräch und so weiter. Oder kennen Sie den schon: Wenn ein Mann seine Frau aus dem Fenster geworfen hat, in welcher Zeitung wird man darüber lesen? (Sie antworten zum Beispiel BZ, Bild, taz oder so.) Ja, gut, aber wo wird man darüber lesen, wenn eine Frau ihren Mann aus dem Fenster geworfen hat? In Schöner Wohnen ...

Wo wir gerade bei düsteren Sonntagsgedanken sind: Mitten auf dem New Yorker Times Square steht, wie gemeldet, die Todesuhr und tickt, eine Uhr, auf der die durch Schußwaffen in Nordamerika zu Tode gekommenen digital vom Himmel zu grüßen scheinen. In den ersten siebzehn Stunden des Jahres waren es sechsundsechzig, am nächsten Morgen um 10.30 waren es schon einhundertdreiunddreißig, und so weiter. Die Zahlen werden vom „Bureau of Alcohol, Tobacco and Firearms“ des FBI herausgegeben. Alle 14,8 Minuten kommt ein neues Opfer dazu. Über der Zahl der Opfer steht die Zahl der Schußwaffen, der statistischen Evidenz Rechnung tragend, daß tatsächlich mehr geschossen wird, wo es mehr Waffen gibt, und nicht etwa Abschreckung als Verteidigungsstrategie wirksam wird. Die Uhr wurde spendiert von einem Geschäftsmann aus New Jersey, dessen Bruder vor 25 Jahren erschossen wurde. „Enough is enough“ steht unter den Zahlen.

Um einen luschtigen Abend geprellt sahen sich, nach Auskunft von dpa, die Besucher einer Göttinger Inszenierung von „Kanadische Valentiniaden (Ein

Abend mit Glenn Gould)“. Statt einer Veranstaltung voller Schwänke und Possen mußte das Publikum „einer Parabel über Einsamkeit, Kälte und Scheitern“ beiwohnen, und war es aber wohl doch zufrieden.

Gerade erreicht uns die Meldung, daß die kleine Tochter unserer ehemaligen Kulturredakteurin Sabine Seifert wohlbehalten auf dieser Erde angekommen ist. Entgegen den Wünschen des Erstgeborenen, Anton, der praktischerweise auch gleich das zweite Kind Anton nennen wollte, wird sie Johanna heißen. Salut!

Wie beim besten Willen nicht anders zu erwarten, hat Steven Spielberg nun am Samstag in Hollywood den „Golden Globe“ für seinen Film „Schindler's List“ bekommen, der hierzulande erstmalig im Februar auf der Berlinale zu sehen sein wird. Spielberg bekam auch den Globe für die beste Regie, während Tom Hanks für seine Rolle in dem sogenannten „Aids-Film“, „Philadelphia“, ausgezeichnet wurde. Der Preis für die beste weibliche Hauptrolle ging an Holly Hunter für die Ada in „The Piano“.

Die Ruhrfestspiele in Recklinghausen werden ihr Theaterprogramm ändern, um eine passendere Antwort auf die „politische Bedrohung durch rechtsradikale Verführer“ geben zu können. Aufgemerkt: Statt Klaus Manns „Mephisto“ wird man nun Brechts „Arturo Ui“ geben, ein wahrhaft vielversprechender Tausch, denn der „Ui“ zeige „auf höchst erhellende Weise die Verführbarkeit der Bürger und Geschäftsleute sowie die Mechanismen faschistischer Herrschaftsideologie“.

Apropos Grabbeigaben: Die zuständigen Behörden haben unlängst, nach einer Meldung der ägyptischen Zeitung Al Ahram, den Ägyptern gegeben, was den Ägyptern gebührt, nämlich diverse 2.500 Jahre alte Statuen, die sich, geheimnisvollerweise, in einem öffentlichen Park in Schöneberg vergraben fanden. Es handelt sich um kleine Menschenfiguren aus grünem Stein, die zur Zeit zu einem Marktwert von einigen tausend Mark pro Stück gehandelt werden. Sie stellten Diener der in einem Pyramidenfeld bei Gizeh bestatteten Herrscher dar. Was fehlt, ist allerdings der Chef: Die wichtigste Figur in der Kollektion der Unterlinge wäre nämlich der Vorarbeiter gewesen, der die Errichtung der Cheops-Pyramide koordiniert und mit Peitschenschlägen beflügelt hat.

Man fragt sich natürlich gleich mehrere Dinge: Warum vergräbt einer Grabbeigaben eines Pharaos ohne den dazugehörigen Pharao. Warum in einem öffentlichen Park und nicht unter dem Kopfkissen? Und wie kommt die Polizei darauf, an einem beliebigen Ort, gewissermaßen den Strand unter dem Pflaster suchend, loszugraben, um dann plötzlich auf 25 Zentimeter große Figuren zu stoßen? Sachdienliche Hinweise nimmt jede taz-Kulturredaktion entgegen.