Neue Nullen für die Deutsche Mark

■ In Wiesbaden gründeten Ex-EG-Kommissar Brunner und seine Professorengefolgschaft die Partei „Bund freier Bürger (BfB) / Rep-Programmatik mit „liberalen Grundsätzen“ garniert

Wiesbaden (taz) – Es war eine merkwürdige Mischung aus älteren Herrschaften im Sonntagsstaat und topgestylten jungen Menschen – Typ Haider Jörgl –, die sich da am Sonntag im altehrwürdigen „Hotel Oranien“ in Wiesbaden zusammengefunden hatte. „Entschiedenheitsmenschen“ nannte der Ex-EG-Kommissar und Ex-FDP-Exponent Manfred Brunner, der designierte Vorsitzende des „Bundes freier Bürger“ (BfB), seine rund hundert ersten Parteimitglieder, die trotz der kurzfristigen Einladung den Weg zur Parteigründung gefunden hatten – weil sie bereit seien, sich „entschieden für die Freiheit“ einzusetzen.

„Freiheit“ war denn auch in der Podiumsdiskussion mit den deutschen Professoren, die sich für ein Engagement beim BfB entschieden haben, der am meisten strapazierte Begriff. In Deutschland sei es wieder notwendig geworden, die Freiheit zu verteidigen, meinte etwa der zum Tagungspräsidenten gewählte Rechtsprofessor Karl Albrecht Schachtschneider, der für Brunner vor dem Bundesverfassungsgericht die Schlacht gegen den Maastrichtvertrag verloren hatte. Weil der „Verlust der DM“ drohe, müsse der BfB eine „DM- und Bundesbankpartei“ werden. Und auch andere Souveränitätsrechte würden vom „Machtkartell“ der etablierten Parteien an die EG abgetreten. „Unserem Volke“ (Schachtschneider) müsse deshalb eine Alternative zum „monopolistischen Parteienstaat“ geboten werden. Die Männerriege auf dem Podium zog hart vom Leder: „Nullen“ hätten in den etablierten Parteien inzwischen die Macht an sich gerissen. Doch beim BfB würden sich Menschen engagieren, die „mit Sachverstand ausgestattet“ und bereits „etwas geworden“ seien. So wie der Ex-Botschafter in der VR China, Erwin Wickert, der die „drei Grundsätze“ des BfB vorformulierte: „Ordnung, Sicherheit und soziale Gerechtigkeit in Deutschland“. Oder der Europaabgeordnete Peter Thiez aus „Neufünfland“, der Wert auf die Feststellung legte, daß der BfB „gesamtdeutsch gegründet“ wurde. „Statt Partei im deutschen Maßstab“ (s. hierzu Seite 4) soll der BfB nach Thiez werden – und für die „nationale Eigenständigkeit unseres Landes kämpfen“. Den lautesten Beifall vom Auditorium erhielt der Adenauer-Biograph und Ex-Quick-Chefredakteur Bruno Bandulet, der ausführte, daß sein Idol aus Köln „heute hier mit am Tisch sitzen“ würde – „weil Adenauer die sich links profilierende CDU längst verlassen hätte“. Daß der BfB mit der linken Seite im politischen Koordinatensystem nichts gemein hat, belegten dann die „Programmatischen Leitsätze“ der Partei, die beim Thema Migrations- und Asylpolitik aus dem Programm der Reps abgekupfert wurden: Da soll der „unkontrollierte und dem Gemeinsinn schädliche Zustrom aus Drittstaaten nachhaltig beschränkt“ werden. Die doppelte Staatsbürgerschaft ist kein Thema. Und das individuelle Recht auf Asyl gehöre ohnehin abgeschafft und in ein „Gnadenrecht“ umgewandelt. Die Ostgrenze soll mit den zum Grenzschutz zu überführenden demobilisierten Bundeswehreinheiten gegen illegale Einwanderung gesichert werden. Außenpolitisch fordert der BfB die „gleichberechtigte Teilnahme Deutschlands an militärischen Einsätzen“; Europa müsse ein Bund souveräner Staaten bleiben und dürfe kein Bundesstaat werden. Aber mit den Reps und ihrem Programm hat all dies nach Selbstaussage überhaupt! nichts zu tun. kpk