Asylmißbrauch abgenommen

■ Staatsanwaltschaft: Schaden geringer / Weniger BTM-Delikte

Der Mißbrauch von Sozialhilfe durch Asylbewerber ist drastisch zurückgegangen. Das erklärte gestern der Leitende Oberstaatsanwalt Jan Frischmuth vor JournalistInnen. Im Jahr 1993 hätten die Beamten der beiden Ermittlungsgruppen in Bremerhaven und Bremen von 814 Tatverdächtigen 310 Fälle an die Staatsanwaltschaft weitergegeben, 305 mal sei Haftbefehl erlassen worden. Im Schnitt hätten sich die überführten Asylbewerber drei- bis viermal unter verschiedenen Namen bei Sozialämtern gemeldet und Sozialhilfe beantragt. „Anfangs ging der Schaden in die Hunderttausend, weil in Einzelfällen bis zu elfmal Sozialhilfe beantragt worden ist. Bei den neuen Fällen liegt die Schadenssumme gerade noch bei mehreren hundert Mark“, erklärte Frischmuth.

Seit Asylbewerber sich über AFIS zentral mit ihren Fingerabdrücken legitimieren müssen, „hat die Tendenz zum Sozialhilfebetrug aber deutlich abgenommen.“ Frischmuth geht davon aus, daß die Ermittlungsgruppen, die 1992 (im August in Bremerhaven, im November auch in Bremen) bald verkleinert werden können.

Die Innenbehörde bestätigte gestern die abnehmende Tendenz beim Asylmißbrauch. Seit die Ermittlungsgruppen arbeiteten, habe es insgesamt 1.167 Tatverdächtige mit 2.644 Meldungen gegeben (Stand: 11/93). Die Behörde führt den Rückgang der Delikte auf das Inkrafttreten des Asylbewerberleistungsgesetzes zurück. Seit dem 1. November bekommen Asylbewerber nur noch ein kleines Taschengeld, während sie das Gros der Leistungen in Naturalien erhalten (Gemeinschaftsverpflegung). „Es ist offenbar kein Anreiz vorhanden , sich fünf Mahlzeiten pro Tag zu organisieren“, erklärte Merve Pagenhardt, Sprecherin des Innensenators. Die Behörde überlegt derzeit, die Ermittlungsgruppen dem Konzept zur Bekämpfung von Intensivstraftätern einzuordnen.

Gewandelt hat sich seit Juli letzten Jahres offenbar auch die Täterstruktur. Rund ein Drittel der Asylbewerber kommen aus afrikanischen Staaten, zwei Drittel kommen aus Osteuropa.

Deutlich verringert hat sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft auch die Zahl der Delikte nach Betäubungsmittelgesetz bzw. Beschaffungskriminalität. Die Zahl der Fälle sank bei der Staatsanwaltschaft von 8.000 (1992) auf 6.000. „Eine Erklärung habe ich für diese Veränderung nicht“, meinte Frsichmuthh gestern.

Die Innenbehörde mochte diese Botschaft nur pauschal bestätigen. „Wir wollen die Zahlen erst mit der Polizeilichen Kriminalstatistik veröffentlichen“, erklärte Pagenhardt. Sie gehe nicht davon aus, daß der Rückgang der BTM-Fälle mit einem Überhang unbearbeiteter Akten zusammenhängt. „Wir haben die Bekämfpung der Drogenkriminalität seit zweienhalb Jahren als Schwerpunkt unserer Arbeit. Das beginnt sich jetzt auszuwirken.“

mad