10.000 für ein Zimmer

■ Achtköpfige Familie wohnt in einem Zimmer mit 30 Quadratmetern / Sozialamt zahlt Horrormiete an Betreiber

Familie Weiherhofer mit ihren sechs Kindern lebt seit drei Monaten in einem Zimmer mit 31 Quadratmetern: Zwei Schränke trennen Waschbecken, Kühlschrank und Tisch vom Schlafbereich ab, zwei Doppelstockbetten und drei schmale Einzelbetten, die auf kaltem Linoleumfußboden stehen. Für das Zimmer im Xenia-Wohnheim in der Dorotheenstraße zahlt das Sozialamt Charlottenburg dem Wohnheimbetreiber 41,50 DM täglich. Pro Person. Das sind über 10.000 Mark monatlich.

Der Familie Weiherhofer, die nach dreieinhalb Jahren in Afrika nach Berlin zurückkehrte, stünde eine Siebenzimmerwohnung zu. Aber das Sozialamt, das anstandslos zehntausend Mark für das Zimmer zahlt, zeigt sich dabei in ganz anderer Weise knauserig und will monatlich höchstens 1.452 Mark Miete zahlen. „Wie sollen wir als Großfamilie es schaffen, für diesen Preis eine Wohnung zu finden?“ fragt die aus Bochum stammende Gabriele Weiherhofer.

Zwar haben die Weiherhofers einen Wohnberechtigungsschein (WBS) beantragt. Doch bei rund 70.000 Mitbewerbern ist die Wohnungssuche ohne einen WBS mit dem Vermerk „Dringlichkeit“ völlig aussichtslos. Diese „Dringlichkeit“ aber erhält die Familie Weiherhofer nicht. Denn seit Frühjahr 1991 kann diesen Vermerk nur bekommen, wer seit wenigstens einem Jahr seinen ersten Wohnsitz in Berlin hat. Die Weiherhofers leben aber erst seit drei Monaten in Berlin. „Wir können dieser Familie auch nicht helfen“, sagt deshalb Rainer Esche von der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen.

Inzwischen hat sich der Konflikt verschärft. Ohne jede Perspektive, in absehbarer Zeit menschenwürdig untergebracht zu werden, weigern sich die Weiherhofers, ihre Kinder zur Schule zu schicken. „Vor drei Wochen habe ich ein Baby bekommen. Seitdem haben meine Kinder keine Nacht mehr durchgeschlafen. Mit 15 Leuten teilen wir uns ein Badezimmer. Wann sollen die Kinder aufstehen, um rechtzeitig zur Schule zu kommen? Wo die Hausaufgaben machen?“ fragt Mutter Weiherhofer.

Die Schulbehörde ficht das nicht an. Sie weist auf die Schulpflicht der Kinder hin und droht mit einer Anzeige. Aus Angst vor der Polizei, die die Kinder holen könnte, haben die Weiherhofers jetzt das Wohnheim verlassen und sind bei Freunden untergekommen. Ihre letzte Hoffnung setzt die Familie nun auf das Bundesfamilienministerium: Schließlich ist 1994 das Jahr der Familie. Juliane Echternkamp