■ Cash & Crash
: Nervöse Broker

Berlin (taz) – Die Hoffnungen, daß die Börse weiter so boomen würde wie im vergangenen Jahr, wurden in den letzten Wochen bitter enttäuscht. Die Stimmung ist schlecht. Manche Stimmen an den internationalen Börsen munkeln gar über einen bevorstehenden Börsen-Crash, erste Angstverkäufe werden registriert. Zu Wochenbeginn waren die Verluste an den deutschen Aktienmärkten besonders kräftig: Der Deutsche Aktienindex (Dax) liegt nur noch knapp über 2.000 Punkten, nach einem Rekordhoch zum Jahreswechsel von 2.284 Punkten. Nachdem erst die Beinahepleite der Metallgesellschaft die Euphorie jäh dämpfte, ist nun der Kursabsturz in der Tokioter Börse in der Folge einer Regierungskrise ein wesentlicher Grund für die Nervosität auf dem Börsenparkett.

Doch auch sonst vermuten viele – kürzlich noch so optimistische – Börsenprofis, daß die Aktienkurse inzwischen überzogen seien, nachdem monatelang ein Rekord den nächsten gejagt hatte. Eine Kurskorrektur sei unumgänglich. Gründe für die derzeitige Skepsis: Die Zinsen sinken nicht in dem Maße wie gehofft, der Konjunkturaufschwung, auf den die Aktienkäufer im Vorgriff setzten, läßt sich auch nicht blicken, und schließlich könnte das Wahljahr 94 in der Bundesrepublik zu wachsender politischer Unsicherheit führen. Folgerichtig sind neuerdings Investment-Fonds, die auf sinkende Aktienkurse spekulieren, im Angebot.

Die Anleger brauchen jedoch wohl die Köpfe nicht allzu tief hängen zu lassen. Zwar werden die zweistelligen Zuwachsraten, die sich im vergangenen Jahr realisieren ließen, 1994 eher die Ausnahme bleiben. Doch langsam, aber sicher werden die Aktienkurse weiterhin steigen. Erneute Zinssenkungen durch die Bundesbank, die einerseits die Konjunktur beleben und andererseits die Konkurrenten der Aktien, die Anleihen, unattraktiver machen, sind durchaus wahrscheinlich. Denn die Inflation ist derzeit kein Schreckgespenst, das die Bundesbank zwingen würde, die Zinsschraube anzuziehen. Die vorgestern veröffentlichten neuesten Inflationszahlen aus Nordrhein-Westfalen (im Januar 3,3 Prozent nach 3,5 Prozent im Vormonat) gaben den Anlegern denn auch ein wenig die Hoffnung zurück und trieben die Aktienkurse kurz vor Börsenschluß noch ein wenig nach oben. Nicola Liebert