„Wir brauchen billigen Wohnraum“

■ Besetztes Haus geräumt / Anzeige wegen Hausfriedensbruchs läuft

Alternative Lebensräume werden knapp in Bremen. Während dagegen am Dienstag noch demonstriert wurde, schritten rund 50 BremerInnen zur Tat: Im Buntentorsteinweg legte die „Neustädter Initiative für bezahlbaren Wohnraum“ Hand an das Haus Nummer 120 und besetzte das leerstehende Gebäude. Direkt neben der Städtischen Galerie zogen vorrübergehend rund 50 Personen ein.

Seit Monaten stehe der Wohnraum leer, so lautet der Vorwurf der Initiative an die Adresse der Besitzerin. „Wir wollten mit unserer Aktion darauf aufmerksam machen, daß die „Bremische Gesellschaft für Stadterneuerung und –entwicklung“, an dieser Stelle Wohnraum vernichtet“, so eine der BesetzerInnen gegenüber der taz. Hier sei zu befürchten, daß „Wohnraum für Reiche“ geschaffen wird. „Luxussanierung“ aber würde in der Neustadt nicht gebraucht, ebensowenig wie exklusive Bauvorhaben, wie das auf der Teerhof-Insel, so hieß es weiter.

„Wir brauchen nicht nur billigen Wohnraum, sondern auch gute, vielfältig nutzbare Lebensräume“ – dafür hätte sich das Gebäude im Buntentorsteinweg nach Meinung der Gruppe glänzend geeignet. „Als Raum zum Experimentieren“, so eine Besetzerin. „Wir sind eine bunt gemischte Gruppe, mit vielen verschiedenen Interessen. Wir wollen unsere Vielfalt leben. Für uns ist das ein politisches Anliegen.“

Zur Verhandlung über eine mögliche Nutzung des Gebäudes mit der „Bremischen“ kam es jedoch nicht mehr: Die stellte noch am selben Tag Strafantrag wegen Hausfriedensbruch. Gegen 18.30 Uhr begann die polizeiliche Räumung.

„Die Polizei hat uns vollkommen falsch eingeschätzt“ hieß es aus der Gruppe. „Wir hätten auf Aufforderung das Haus friedlich verlassen, aber die Polizei stürmte das Gebäude ohne Vorwarnung“. Polizeisprecher Ralf Pestrup dementiert diesen Vorwurf. „Wir haben aufgefordert, daß Gebäude zu verlassen, obwohl die Polizei bei einem Straftatbestand wie Hausfriedensbruch nicht dazu verpflichtet ist.“

Für die BesetzerInnen wird die Aktion also ein Nachspiel haben. Die „Bremische“ will die Anzeige aufrechterhalten, so deren Pressesprecher Dieter Cordes. Er spricht schon von einer „Besetzerszene“ in Bremen. Von „Wohnraumvernichtung“ könne nach seiner Ansicht keine Rede sein: „Wir handeln im Rahmen eines städtebaulichen Sanierungskonzeptes“ sagt er. Die letzten Mieter seien entsprechend eines „demokratischen Beschlusses“ in der Deputation im Frühsommer 1993 „freigemacht“ worden. Wann allerdings Baubeginn für die Sanmierungsmaßnahmen sei, kann er nicht verraten: „Wir sind nur Treuhänder für eine private Gesellschaft.“

ede