Sanssouci
: Vorschlag

■ Claw Boys Claw im Loft

Der nord- bis mitteleuropäische Halbwüchsige zieht sich auch in den Zeiten von HipHop, Techno und Hardcore immer noch vorzugsweise am althergebrachten Rock 'n' Roll wie aus den eigenen Haaren aus dem Sumpf, der in halbwegs zivilisierten Ländern Pubertät heißt. Wenn dann die Pickel endgültig getrocknet sind, orientiert sich die große Masse zwar eher in Richtung Ernst des Lebens, aber ein kleiner, nichtsdestotrotz nicht unerheblicher Teil bleibt hängen an (ausschließlich safem) Sex & (eher weniger) Drugs & (inzwischem altmodischem) Rock 'n' Roll.

Unterschiede ergeben sich da länderintern meist nur in der Rezeption und Umsetzung. Während der Skandinavier sich den traditionellen Perlen und dem Garagenrock verpflichtet fühlt, der Deutsche nachzuspielen versucht, was nicht nachzuspielen geht, und sich meist viel zu ernst nimmt, hat der Niederländer oft gar keine Hemmungen. Schönes Beispiel hierfür sind Claw Boys Claw. Auf Platte sind sie meist einfach langweilig, weil sie sich nicht recht zwischen Schweinerock und Psychedelia entscheiden können. Aber live, auf der Bühne lassen sie raus, was sich heutzutage nicht einmal mehr Grundschüler trauen, ohne fürchterlich rot anzulaufen: Das Rock-'n'-Roll-Tier, größtenteils ausgestorben seit Anfang der Achtziger, die letzten Exemplare werden in Reservaten wie AC/DC oder ZZ Top gehalten.

Was da so auf der Bühne abläuft, kennt man selbst wahrscheinlich nur vom Hörensagen, wenn der große Bruder wieder mal nicht von den alten Zeiten lassen konnte: Ein Sänger, der nicht weiß, wo die Bühne zu Ende ist, und samt Mikro aufs Klo geht. Verstärker, die bösartig krachen, wenn sie nicht gerade abgestellt worden sind, weil die Band meint, man könne doch auch mal akustisch spielen. Raushängende Zungen, schwitzige T- Shirts und Drei-Akkord-Stumpfrock – kurz: das Himmelreich.

Am besten sind Claw Boys Claw, wenn sie nicht ihre eigenen Stücke spielen, von denen es nur sehr wenige wirklich gute gibt. Guten schlechten Geschmack beweisen sie bei der Auswahl ihrer Coverversionen: „In The Dutch Mountains“ von ihren Landsleuten The Nits findet sich ebenso wie „Mississippi“ von ihren Landsleuten Pussycat, der schöne alte Jugendclub-Hotter „Venus“ neben dem ebenfalls nicht ganz unbekannten „Locomotive Breath“. Die Siebziger haben es ihnen halt angetan. Und das ist irgendwie doch modern jetzt, nicht wahr? Thomas Winkler

Am 27.1. um 20.30 Uhr im Loft, Nollendorfplatz, Schöneberg.