■ Das Portrait: William Perry
Es ist nicht gerade der ideale Einstieg in einen neuen Job, wenn vorher schon ein halbes Dutzend andere Kandidaten dankend abgelehnt haben. Fakt ist: Der Posten des US- Verteidigungsministers ist zur Zeit nicht sehr begehrt. Auch William Perry, der am Montag von Präsident Bill Clinton nominiert wurde, mußte überredet werden. Unter der Voraussetzung, daß der US-Senat dem zustimmt, wird Perry, bislang stellvertretender Verteidigungsminister, demnächst seinen Chef Les Aspin ablösen. Der war im Dezember als vermeintlich schwächstes Glied im desorganisierten außen- und militärpolitischen Stab der Clinton-Administration zum Rücktritt überredet worden. Clintons erste Wahl für die Nachfolge Aspins, der pensionierte Admiral und Geheimdienstmann Bobby Inman, hatte letzte Woche seine Nominierung zurückgezogen.
Perry, ein im Vergleich zu Aspin und Inman farbloser Technokrat, soll nun für Ruhe im Pentagon sorgen. Der 66jährige war bislang für den alltäglichen Betrieb zuständig, während sein Vorgesetzter Les Aspin in medienträchtigen Debatten um Bosnien, Somalia oder die Integration von homosexuellen SoldatInnen meist Schelte bezog. „Mr. Inside“, wie Perry unter anderem genannt wird, gilt dank seiner Kenntnisse der Militärtechnologie und des Managements als ausgemachter Experte in Fragen der Entwicklung und Finanzierung von Waffensystemen – und als einer, der zumindest die Absicht hat, die kostentreibende Anschaffungspolitik des Pentagon zu modifizieren.
In der Privatwirtschaft haben ihm diese Qualifikationen bereits reichlich Profit eingebracht: der ehemalige Mathematikprofessor betrieb in den 60er und 70er Jahren eine lukrative Firma für Militärelektronik, bevor ihn Präsident Carter 1976 als leitenden Beamten, zuständig für die Anschaffung von Waffensystemen, in das Pentagon holte. Dort machte er sich vor allem als „Pate des Stealth-Bombers“ einen Namen – eines der teuersten Rüstungsprojekte der USA.
Designierter US-Verteidigungsminister Foto: Reuter
In einer Hinsicht ist Perry ein unbeschriebenes Blatt: Man weiß wenig über seine Sicht der Welt, über seine Visionen für zukünftige Strategien des US-Militärs. Zur Profilierung des blassen außen- und militärpolitischen Clinton-Teams wird Perry kaum beitragen. Andrea Böhm
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen