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Zu viel Gewalt

■ Amnesty international kritisiert E-Schicht, Innen- und Justizsenator

Sorge über die hohe Zahl von Mißhandlungsvorwürfen gegen die E-Schicht der Polizeiwache 16 (Schanzenviertel) äußert die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) in ihrem Januar-index: Nach eingehender Prüfung sei sie zu dem Schluß gekommen, daß diese Beamten „bei der Festname von Häftlingen unnötige Gewalt anwenden und sich in einigen Fällen schwerer Mißhandlungen verantwortlich gemacht haben“. Der Innen- und Justizbehörde bescheinigt ai „schwere Versäumnisse“: Durch den Verzicht auf strafrechtliche Verfolgung der Beamten ließen sie andere Polizisten im Glauben, daß solches Handeln ohne Konsequenzen bleibe.

32 Strafanzeigen wegen Mißhandlung hat die E-Schicht von 1989 bis 1993 kassiert, darunter die Fälle Lutz Priebe und Frank Fennel (taz berichtete). Nicht einmal deren schwere Verletzungen hatten zur Verurteilung der tätlichen Polizisten geführt. Als Begründung für die Einstellung der Ermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft die Unglaubwürdigkeit von Zeugen (Mitdemonstranten) oder nicht geglückte Identifizierung der Beamten angeführt. Nicht nur die erneute Überprüfung aller Fälle klagt ai daher von der Justizbehörde ein, auch die Staatsanwaltschaft müsse angewiesen werden, die Aussagen aller Zeugen als unparteiisch zu behandeln und die Bewertung den Gerichten zu überlassen. Die Ermittlungsbehörde müsse an den Grundsatz der Vereinten Nationen erinnert werden, gemäß dem Polizisten soweit als „möglich nichtgewaltsame Mittel“ einsetzen müssen.

Von Innensenator Werner Hackmann, der sich in der Vergangenheit immer schützend vor seine E-Schicht gestellt hat, fordert ai, es nicht bei Belehrungen der Beamten zu belassen. Sie seien nicht überzeugt, so amnesty, „daß derartige Maßnahmen ausreichen, um ähnliche Fälle künftig zu verhindern“. Besonders diejenigen, gegen die mehrfach Strafanzeige erstattet worden sei, müßten einer erneuten Überprüfung mit dem Ziel disziplinarischer Maßnahmen unterzogen werden. Ai fordert Hackmann auf, „die Ausbildung der E-Schicht einer umfassenden Neubewertung zu unterziehen“; diese müßten lernen, künftig nur noch ein Mindestmaß an Gewaltanwendung einzusetzen. sako

Siehe auch S. 2

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