Dienstleistungskräfte dürfen nicht dienen

■ Übernahme von Auszubildenden nach Postausbildung ungewiß / Azubis machen mobil: „Post hat eine sichere Zukunft versprochen“

Nun kocht Schmalhans auch für die Bundespost. Vor allem für den Nachwuchs wird die Suppe knapp: 186 Auszubildende im Bezirk Weser Ems fürchten um ihre Übernahme.

Im Frühsommer werden die „Dienstleistungsfachkräfte“, die der Volksmund BriefträgerInnen nennt, und das Nachwuchspersonal am Schalter ihre Ausbildung abschließen. Danach könnten 77 Jugendliche von Arbeitslosigkeit betroffen sein. Auch für die zukünftigen Jahrgänge sieht die Lage nicht besser aus.

Seit Jahresbeginn machen die Azubis gegen diese Aussichten mobil: halten Jugendversammlungen in den Betrieben ab und gehen mit den Vorgesetzten ins Gericht – wenn nötig auch öffentlich, wie am vergangenen Dienstag im DGB- Haus. Denn ihre Wut ist groß: „In Werbebroschüren hatte uns die Post eine gesicherte Zukunft versprochen,“ wettern die Jugendlichen. Und wittern nun Betrug. „Das hätten sie doch absehen können,“ werfen die enttäuschten Jugendlichen dem Personalchef des Bremer Postdienstes Achim Hornig vor. „Sie haben doch studiert“. Und als Hornig erklärt, die aktuelle Entwicklung sei nicht abzusehen gewesen, wird vermutet: „Sie lügen ja“.

Daß die schlechten Nachrichten von der wackeligen Übernahme „nur ganz nebenbei durch den Jugendvertreter“ bekannt wurden, empört die jungen MitarbeiterInnen besonders. „Man hätte uns gleich reinen Wein einschenken sollen.“

Wein jedoch wird den jungen Leuten vorerst nicht ausgeschenkt. Und auch das Brot wird härter: Denn als einzigen Ausweg aus der Misere „Nullbedarf an neuen Arbeitskräften“ setzt Personalchef Hornig auf „Flexibilität und Mobilität“ – seiten der Azubis. Im Klartext heißt das: Arbeit unter Qualifikation, vor allem für AnwärterInnen für den mittleren Dienst. Auch Teilzeitarbeit und Umzug gehören zum Schmalhanskonzept.

„Eine halbe Stelle, und dann mit dem bißchen Geld noch nach München umziehen und unter Qualifikation arbeiten?“ Aufgebracht schlossen die Azubis scharf – und von mehr als einer Seite kam ein klares: „Das kommt nicht in Frage. “Nicht nur weil der Saal mit über 150 Personen übervoll besetzt war, wurde die Luft da zum Schneiden dick.

Trotz, vielleicht gerade wegen aller Wut und Frustration behielt die Diskussion jedoch einen familiären Unterton. Den pflegte vor allem Personalchef Hornig mit väterlichen Apellen: „Sie haben Post gelernt. Deswegen ist unsere Verantwortung groß.“ Zwar stößt er nach allem was war auch auf Mißtrauen – aber viele im Raum würden ihm gerne glauben: Der Post- Nachwuchs entstammt oft alten Postler- Familien, über Generationen hinweg. Für deren Kinder ist es besonders hart, nun am Katzentisch zu sitzen.

Die Azubis wissen, sollten sie wirklich arbeitslos werden, haben sie wenig Aussichten auf andere Anstellung. Zwar ging der Vertreter des Arbeitsamtes am Dienstag nicht mit schockierenden Meldungen an die Öffentlichkeit, aber im Saal weiß man Bescheid: „In Oldenburg sind 3.000 Leute in unserem Fachgebiet arbeitslos. Dort wird unseresgleichen der Schlachterberuf angedient.“ Ähnliches rechnen sich die Betroffenen auch für den Bremer Raum aus.

Daß auch das Arbeitsamt an Unschulung und Fortbildung fast nichts anzubieten hat, wurde von den jungen ArbeitnehmerInnen schnell durchschaut. Die Forderung „werden Sie doch mal konkret“ ging an diese Adresse mit ebensolcher Vehemenz, wie an die der Postdirektion. Für die Junggelernten ist klar: „Die da oben“ sind schuld. Personaleinsparungen am Schalter und knapp bemessene Vertretungen sind die Gründe für ihre Lage. „Sowas wird in Bonn beschlossen – aber hier müssen wir das ausbaden,“ ist die Stimmung. Und: „Teilzeitarbeit bedeutet dochTeilzeit arbeitslos“.

ede