Küsten-Sozis atmen durch

■ Waffenruhe in Bremerhavens SPD / Fortsetzung folgt

Ist jetzt endlich Ruhe im Karton? Bremerhavens SPD-Chef Siegfried Breuer, Oberbürgermeister Karl Willms, Wirtschaftsdezernent Werner Lenz und der SPD Stadtverordnete Dieter Ansorge legten am Donnerstag in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung ihre Aufsichtsratsmandate bei der Bremerhavener Stadthalle nieder.

Das entsprach einer Abmachung, die die zerstrittenen Bremerhavener Sozialdemokraten am Mittwoch Abend unter der Vermittlung von Bremens SPD-Chefin Christine Wischer, Bürgermeister Wedemeier und SPD-Fraktionschef Dittbrenner ausbaldowert hatten. „Wir mußten sehen, daß der Streit nicht weiter eskalierte“, erklärte Wischer gestern.

Seit 14 Tagen erheitern die Bremerhavener Flügelkämpfe in der SPD die politische Opposition und die Öffentlichkeit. Die Kontrahenten: Wirtschaftsdezernent Werner Lenz mit dem Bremerhavener Fraktionsvorsitzenden Richard Skribelka und dem amtierenden Stadthallen-Geschäftsührer Hans- Jürgen Krams, auf der anderen Seite Bremerhavens SPD-Chef Siegfried Breuer. Anlaß ist die Verlängerung eines Vertrages für Stadthallen-Geschäftsführer Krams. Breuer und die Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat hatten die Verlängerung des Vertrages ab 1.1.1995 in einer Sitzung im Novmeber letzten Jahres verhindert, seitdem wird schmutzige Wäsche gewaschen, daß es klatscht.

Da wurde als erstes ein Brief von Krams an den SPD-Fraktionsvorsitzenden Skribelka öffentlich. Darin beklagt sich Krams, daß Breuer selbst eine Stelle bei der Stadthalle für sich ermauscheln wollte und sich nun räche, weil das nicht geklappt habe. Von dem Deal soll auch der Bremerhavener Oberbürgermeister Willms als Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtahlle Bremerhaven gewußt und daran gedreht haben.

Krams hat für die Fortsetzung seiner Geschäftsführertätigkeit den Fraktionsvorstand hinter sich. Die Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat wirft ihm aber schwerwiegende Fehler in der Personalführung vor. Und nachdem der Brief öffentlich gemacht worden war, sollte Krams sogar wegen „geschäftsschädigenden Verhaltens“ sofort aus dem Amt gejagt werden. Ein entsprechender Beschluß einer außerordentlichen AR-Sitzung ist aber vom Stadtkämmerer als unwirksam erkannt worden, weil es formale Fehler bei der Einladung gab.

Die Auseinandersetzungen gipfelten am letzten Montag mit einem Fraktionsbeschluß der SPD-Stadtverordneten, Breuer solle vom Aufsichtsratmandat zurücktreten und sich überlegen, ob er die SPD- Fraktion nicht lieber verlassen will. „Das war für uns der Zeitpunkt, die Dinge nicht weiter eskalieren zu lassen“, erklärte Wischer. „Damit hat die Fraktion eindeutig ihre Kompetenz überschritten.“

Fraktionschef Skribelka wurde zurückgepfiffen, die streitenden Parteiflügel zum Waffentstillstand verdonnert. Damit sei aber keinesfalls „über die Richtigkeit der in diesem Streit unterstellten Vorwürfe entschieden“, erklärte die SPD- Chefin weiter.

Der Konflikt schwelt munter vor sich hin. Auf der Stadtverordnetenversammlung am letzten Donnerstag nämlich wurde auch über einen Antrag der CDU abgestimmt, Krams Geschäftsführer- Vertrag bis Juni 1996 zu verlängern. Dafür stimmte auch die SPD- Fraktion: Mit Ausnahme von Siegfried Breuer und - fünf weiteren Genossen. Breuer war für diesen Antrag ausdrücklich dem Fraktionszwang enthoben worden, alle anderen nicht. Christian Bruns, ein „Abweichler“, erklärte in der Stadtverordnetenversammlung: „Ich kann das nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.“ Das beziehe sich sowohl auf die Person Krams als auch auf das Verfahren. Diese Personalentscheidung gehöre allein in den Aufsichtsrat der Stadthalle.Das wiederum erzürnt jetzt wieder den Fraktionsvorsitzenden Skribelka. „Ich kann da zur Zeit nichts dran machen, weil die Partei das so will. Aber ich denke, daß es am Dienstag zur Sprache kommen wird und muß.“ Am Dienstag tritt nämlich der Unterbezirk zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen, und Breuer will dort als UB-Vorsitzender die Vertrauensfrage stellen.

Fraglich bleibt, ob Hans-Jürgen Krams der Beschluß der Stadtverordneten-Versammlung nutzt. Der Aufsichtsrat habe nämlich schon im November endgültig entschieden, daß der Vertrag mit Krams nicht verlängert wird, hieß es gestern aus dem Magistrat. Zweitens wird angezweifelt, ob die Stadtverordnetenversammlung ihre Vertreter im AR überhaupt binden kann. Auch die Tatsache, daß die Stadtverordneten mit Lothar Koring (SPD) und Harry Nestler (CDU) zwei neue Aufsichtsratsmitglieder benannt haben, kann die Vertragsverlängerung nicht erzwingen. Neben den drei Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat haben sich sowohl der grüne Vertreter als auch der FDP-Mann gegen eine Weiterverpflichtung Krams ausgesprochen. Damit stimmen fünf von neuen AR-Stimmen gegen Krams. Die beiden Magistratsmitglieder, die jetzt noch im AR nachrücken müssen, werden voraussichtlich am nächsten Mittwoch benannt, an den Mehrheitsverhältnissen können sie nichts ändern.

Das die Schlammschlacht am Dienstag weitergehen wird, scheint auch aus parteiinternen Gründen naheliegend. Denn tatsächlich geht es nicht um Krams, sondern darum, für die derzeit laufenden parteiinternen Wahlen für den Unterbezirk Stimmung gegen Breuer zu machen. Der hatte vor rund zwei Jahren den allgewaltigen SPD-Elefanten Lenz als SPD-Chef abgeschossen. Lenz, ein Meister des Billards mit einem prima Gedächtnis, gilt als Drahtzieher der Breif- Kampagne. Seit zwei Wochen laufen die Wahlen für die Delegierten des Unterbezirks, bis zum 14.Februar werden sie dauern. „Bis dahin wird sich diese Schlammschlacht fortsetzen“, meint ein Genosse von der Küste. mad