Sanssouci
: Vorschlag

■ "Der Tropfen" von Guy Foissy im Zeiss-Planetarium

Abbildung: taz-Archiv

Wir sitzen auf gut gepolsterten Sesseln mitten im Kuppelraum des Zeiss-Planetariums und statt einer zauberhaften Sternenprojektion... tropft es von der Decke! Keine Notbeleuchtung, nichts, stockfinster! Und dann dieser Tropfen, groß und schwer platscht er immer wieder ins Publikum. „Es ist wirklich kaum zu glauben!“ – mit diesen Worten beginnt das im Dunkeln spielende Theaterstück „Der Tropfen“ von Guy Foissy, geschrieben 1972. Zwei Männer, von deren Identität, Herkunft und Aufenthaltsort wir nichts erfahren, führen ein Gespräch um einen Tropfen. Er ist das einzige, was sie überhaupt in tiefschwarzer Nacht wahrnehmen. Und selbst das ist ungewiß. Der eine hält das Tropfen irgendwann nicht mehr aus, will sich die Ohren verstopfen und fällt dabei aus seiner unsichtbaren Hängematte. Fortan quält er sich geräuschvoll durch ein Meer von leeren Konservendosen. Der andere ist taub für den Tropfen, liegt einfach da, ohne Hoffnung, daß ihm jemals wieder ein Licht aufgehen wird.

Roswitha Weck hat dieses beunruhigende, aber auch sehr komische Hörschauspiel im Rahmen von „Schauplatz Museum“ neu inszeniert. Neben den beiden Schauspielern Elmar Gutmann und Armin Leidl, die mit ihren schönen Stimmen unsere augenlose Aufmerksamkeit ganz Ohr sein lassen, spielt die blinde Darstellerin Renate Priese mit ein paar wenigen Sätzen die eigentliche Schlüsselfigur. Sie allein nämlich vermag am Ende des Stücks als Blinde die Dunkelheit zu verlassen. Auch wenn uns fortwährend von der Ausweglosigkeit des Dunkels erzählt wird, so entsteht atmosphärisch das Gefühl von Geborgensein und Freiheit. Endlich kann man sich mal so richtig ungeniert rumräkeln und sich und anderen in der Nase popeln. Stimulierend für jede Art der Selbst- und Fremdberührung wirkt die im Treppenhaus des Planetariums stattfindende Ausstellung des „Museums der Sinne“, die uns zu sinnlicher Erfahrung jenseits der Augenlust verführen möchte. „Schau“-Kästen mit vibrierendem Gummiphallus im Blumenkohl, zerknautschter Beate-Uhse-Puppe oder tanzenden Lollipops laden vor allem zum Tasten und Schnüffeln ein. Aber auch der in der Dunkelkammer barfuß zu begehende Tastweg ist ein Abenteuer. Also, nix wie hin und – Taschenlampen schön zu Hause lassen! Matthias Schad

Noch morgen, 20 Uhr, Zeiss-Großplanetarium, Prenzlauer Allee 80, Prenzlauer Berg