Nobel-Immobilie zum Sonderpreis verramscht

■ Kurfürstendamm 26a: Verdacht auf betrügerische Vertragsgestaltung zugunsten des CDU-Mitglieds Bendzko

Der Verdacht, wonach CDU- Mitglied und Immobilienmakler Willy Bendzko beim Kauf des Hauses Kurfürstendamm 26a begünstigt worden ist, verdichtet sich. Das zuvor landeseigene Haus war im Dezember 1993 nach einem Angebot von 110 Millionen Mark Bendzko zugesprochen worden. Das Rechtsamt Charlottenburg kommt nun aber zu einem vernichtenden Urteil über das Vertragswerk. In der Expertise, die der taz vorliegt, heißt es, „daß die jetzige Vertragsfassung den erheblichen Verdacht eines kollusiven Zusammenwirkens zum alleinigen Vorteil des Käufers Bendzko begründet“. (Kollusiv meint eine geheime, betrügerische Verabredung; d. Red.)

Die Rechtsexpertise untermauert den Verdacht, Bendzko habe andere Interessenten beim Kauf des Nobel-Objekts mit Insider-Informationen ausgetrickst. Bendzkos Angebot war in der geheimen Ausschreibung erst unmittelbar vor Abgabeschluß eingegangen und hatte nahezu 20 Millionen Mark über dem nächsthöheren Bieter gelegen. Während bei allen im verschlossenen Briefumschlag eingegangenen Angeboten das Eingangsdatum vermerkt sei, existiere von der Bendzko-Offerte weder ein Umschlag noch ein Eingangsstempel.

In den dann allein mit Bendzko aufgenommenen Verhandlungen reduzierte sich die gebotene Summe auf wundersame Weise. „Bendzko wird ein Preisnachlaß von 7,135 Millionen von seinem ursprünglichen Angebot gewährt, ohne daß es dafür irgendeine Erklärung gibt“, heißt es im Gutachten. Darüber hinaus ist im Vertrag eine weitere verklausulierte Kaufpreissenkung von 5,54 Millionen Mark enthalten. Diese soll fällig werden, wenn Bendzko das Dachgeschoß des Hauses nicht zu Büros ausbauen darf. Hintersinn: Bendzko ist klar, daß der Bezirk Charlottenburg einem solchen Bauantrag niemals zustimmen wird. Der wahre Kaufpreis liegt damit nicht bei 110 Millionen, sondern nur bei 97 Millionen Mark.

Dem Charlottenburger Rechtsamt stößt außerdem auf, daß der „sehr schludrig“ abgefaßte Vertrag ausgerechnet vom Hausnotar Bendzkos ausgearbeitet wurde. Finanzsenator Elmar Pieroth – wie Bendzko Mitglied der Wilmersdorfer CDU – unterschrieb dennoch. Die vom Bezirksamt beschlossenen Bedingungen, die einen sozialverträglichen Verkauf und gleichbleibende Miethöhen sichern sollten, sucht man im Vertrag vergeblich. Statt dessen wird Bendzko nur auferlegt, die Ortsüblichkeit der ungekündigten Mietverhältnisse nachzuweisen – das sind gegenwärtig aber nur drei. Bei Neuvermietungen hat Bendzko dagegen freie Hand. „Unter Berücksichtigung der jetzt schon bestehenden hohen Leerstände ist also ein Anheizen der Gewerbemieten in diesem Gebäude äußerst wahrscheinlich“, stellt deshalb das Charlottenburger Rechtsamt fest. Auch die vereinbarten Vertragsstrafen seien so abgefaßt, daß sie „mit Sicherheit einer gerichtlichen Prüfung nicht standhalten“. Im Ergebnis habe Berlin keinerlei Druckmittel gegen Bendzko. Fazit des Gutachtens: Es war „keineswegs gerechtfertigt (...), Bendzko als den besten Bieter anzusehen“.

Der Charlottenburger Finanzstadtrat Helmut Heinrich (CDU), in dessen Ressort der Verkauf fällt, weist Vorwürfe der SPD gegen seine Person zurück. Er habe „keinerlei Einfluß“ auf die Vertragsgestaltung genommen. Diesen Vertrag habe allein die Verwaltung des Finanzsenators Pieroth ausgearbeitet. „Falsch“, sagt dagegen der Charlottenburger Rechtsamtsleiter Lothar Gosten: Der Vertragsentwurf wurde vor der Weitergabe an die Pieroth-Behörde weitgehend von Finanzstadtrat Heinrich erarbeitet – unüblicherweise unter Ausschaltung des bezirklichen Rechtsamts.

„Das Ergebnis kann sich sehen lassen“, ist Heinrich überzeugt. Er versichert, von Bendzko niemals Geld oder Sachwerte erhalten zu haben. Den Kaufpreis für die im vergangenen Jahr angeschaffte Motorjacht im Wert von über 200.000 Mark habe er als langjähriger Wassersportler „ordentlich angespart“. Gerd Nowakowski