Von einer Brücke, die zwei Länder teilt

■ Schweden und Dänemark streiten immer noch über Øresund-Verbindung

Brücken sollen verbinden. Doch falls die noch im Projektstadium schlummernde Brücken- und Tunnelverbindung über die Meerenge des Øresund zwischen Dänemark und Schweden bisher überhaupt irgendeine Funktion hatte, dann die des Konflikts und der Teilung. Geteilt ist nicht nur die Bevölkerung beider Länder, die jeweils mit knapper Mehrheit gegen das Projekt ist. Ein Sprengsatz ist die Brücke auch für die Regierungskoalition in Stockholm, die versucht, die endgültige Entscheidung bis nach den Parlamentswahlen im September zu verschleppen. Und zu deutlicher Verstimmung zwischen Dänemark und Schweden bis hin zu Schadenersatzdrohungen hat die noch nicht vorhandene Brücke auch schon geführt.

Dabei wird über die Øresund- Verbindung mittlerweile fast so lange diskutiert wie über die Verbindung unter dem Ärmelkanal. 1886 fertigte ein dänischer Ingenieur bereits die ersten Zeichnungen für einen Eisenbahntunnel. Bis zum Jahre 1991 ging dann die Debatte über die Verbindung hin und her, bis die Verkehrsminister von Schweden und Dänemark ein Abkommen über eine kombinierte Brücken- und Tunnelverbindung unterschrieben, das anschließend auch von beiden Parlamenten abgesegnet wurde. Doch jetzt sitzt in der schwedischen Regierung seit 1991 mit dem Zentrum eine grün angehauchte Partei, die grundsätzlich nein zur Brücke sagt. Nur wenn es eine „echte Nullösung“ gibt, will Stockholm jetzt grünes Licht geben. „Null“ steht für einen nichteingeschränkten Wasserdurchfluß durch den Øresund, jedoch nicht für jegliche Vermeidung schädlicher Auswirkungen auf die Umwelt.

Denn die wird es geben: beim Bau, bei dem der Meeresboden kräftig aufgewühlt wird und einzigartige Biotope auf Nimmerwiedersehen verschwinden werden; und, wenn sie steht, durch das steigende Verkehrsaufkommen. Zwar beruhigen die regierungsamtlichen PlanerInnen, mehr als 10.000 Fahrzeuge pro Tag werde es nicht geben – was „nur“ doppelt soviel wäre wie der jetzt über Fähren abgewickelte Verkehr –, doch rechnet sich das fünf Milliarden Mark teure Projekt nur, wenn täglich mindestens 28.000 bis 30.000 Fahrzeuge über die 15 Kilometer lange Brücke fahren und mit Abgaben die Baukosten refinanzieren.

Angesichts der gegenüber der Fährpassage etwa gleich hohen Kosten wird sich der Fernverkehr aus Stockholm und Oslo jedoch hüten, die Brücke zu benutzen. Die Fähren zwischen Helsingborg und Helsingör an der engsten Stelle des Øresund sind eine geographisch günstigere, schnellere und billigere Verbindung als der Umweg über Malmö und Kopenhagen. Lkws im Verkehr von Europa nach Skandinavien werden die Brücke links liegenlassen und die direkten Fähren von Deutschland und Polen nach Schweden nehmen. Das spart nicht nur Diesel und Fahrzeugverschleiß, sondern auch Personalkosten. Die Fahrer schlafen an Bord, oder bleiben gleich zu Hause. Auf dem Autodeck stehen nur die Trailer, die im Zielhafen von einem einheimischen Chauffeur abgeholt werden. Von Vorteil könnte die Brücke selbst bei volkswirtschaftlicher Betrachtung eigentlich nur für den Binnenverkehr der Region Malmö-Kopenhagen sein. Dort sitzt auch die Lobby.

Bleibt die Bahn, die diese Øresundbrücke auch nie wollte, weil ihr ein Eisenbahntunnel, der für ein Fünftel der Kosten zu haben ist, lieber wäre. Zwar bringt eine feste Verbindung für den Güterverkehr kaum Zeitgewinn, aber zumindest beim Personenfernverkehr könnte es mit neuen Zügen zu einer Halbierung der Fahrzeiten zwischen Oslo, Stockholm und Hamburg kommen. Doch die PolitikerInnen rechts und links des Øresunds halten entschlossen an ihren Brückenplänen fest. Bis zum Mai werde die Sache entschlußreif sein, hat Ministerpräsident Carl Bildt seinem dänischen Kollegen Nyrup Rasmussen versprochen. Angesichts der bisherigen Geschichte sollte man darauf nicht seine letzte Krone wetten. Reinhard Wolff, Stockholm