Die Zett (wie Zeitung) ist fünf Jahre alt

■ Das Magazin beileibe nicht nur des Schlachthofes wird des Werkelns nicht müde

„Liebe LeserInnen in den gastlichen Häusern dieser Stadt, den Spelunken, Foyers, Cafés und Stehimbissen, oder wo auch immer Ihr diese Seiten als Zutat erfreulichen Genusses aus dem Stapel blattgemixter Bremer Burgschau Euch gegriffen habt!“ So kündigten die ZeitungsmacherInnen ihre Nullnummer der Schlachthofzeitung Zett im Editorial an. Das war vor fünf Jahren. Inzwischen berichtet das Magazin nicht mehr nur aus den eigenen Gemäuern. Neben dem Schlachthof gehört das Lagerhaus, das Junge Theater, das Literaturkontor und das Wehrschloß zum Zeitungsprojekt.

Die Vernetzung ist aber auch schon das einzig Neue, das der Zeitung seit ihrer ersten Stunde wiederfahren ist. Erscheinungsbild und Idee haben sich in der Urform erhalten. Nach wie vor entsteht die Zett in der Zeitungswerkstatt des Schlachthofs, das Format ist gleich geblieben, und der Grafiker der ersten Stunde, Jörg Möhlenkamp, layoutet die Zett immer noch. Das Herzstück der Zeitung ist aber wie eh und je das Programm.

Hier wollten die ZeitungmacherInnen über eine bloße Terminpräsentation hinaus. „Ausführliche Ankündigungen! Und über die Produktionsbedingungen schreiben! Der soziokulturelle Hintergrund war uns ebenso wichtig wie das Produkt“, sagt Redakteurin Elke Heyduck vom Schlachthof.

Daß die SchreiberInnen mit dem Schreiben „irgendwie vertraut“ sind, genügt auch heute noch vollauf. Der einzige gelernte Journalist, Ralf Lorenzen, hat der Zeitung den Werkstattcharakter nicht genommen. Über die Möglichkeit hinaus, sich als Autor zu profilieren, gewährt die Rubrik „Freibank“ diversen Gruppen ein Forum. „Am Anfang war das Erstaunen groß. Die konnten gar nicht glauben, daß sie hier ein Sprachrohr hatten“, erinnert sich Elke Heyduck.

„Unsere Idee war es die Medienöffentlichkeit zu unterlaufen. Wie man es früher ausdrückte: die Rezipienten zu Produzenten zu machen.“ Alle Texte, ob für das Forum oder die redaktionellen Beiträge, werden denn auch auf der Redaktionskonferenz mit allen Beteiligten diskutiert. „Es gibt keine abgekoppelte Distanz wie die einer Chefredakteurin, die in die Texte eingreift“, sagt Elke Heyduck. Diskutiert wird bis zum Konsens.

Vor fünf Jahren waren allerdings bedeutend mehr Schreiberlinge zu den Redaktionskonferenzen der Zett gekommen. „Es ist nicht mehr die Zeit, sich hinzusetzten und zu schreiben. Gerade bei jüngeren Leuten ist das vorbei“, sagt Uli Pollkläsener vom Lagerhaus, ebenfalls Redakteur der Zett. Die neue Subkultur vernetzt sich nicht mehr über eine Zeitung, glaubt Elke Heyduck: „Es hat etwas mit der Vergeblichkeit von Aufklärung zu tun.“

In diesem Sinne sind die ZettlerInnen aber gerne anachronistisch. „Wir wollen ja keine breite Masse erreichen. Sondern wir schreiben mit unseren Themen wie zum Beispiel Weidedamm für interessierte Kreise“, sagt Uli Pollkläsener. Dem Widerspruch zwischen dem sogenannten objektiven Schreiben und dem Schreiben für die Szene, entzieht sich die Zett, indem sie beide Seiten für vereinbar hält.

Die Zett wird größtenteils vom Schlachthof finanziert. Die andern zahlen, soviel sie können“. Weitere Gruppen aus der alternativen Kulturszene ersuchen schon um Aufnahme, und die ZeitungsmacherInnen können sich vorstellen, daß sich die Zett erweitert. Wenn es nur kein „alternatives Mix“ wird. „Es wird weiterhin erkennbar um Entwürfe für Alternativkultur gehen“, sagt Elke Heyduck. Die Gefahr zu einem Anzeigenblatt zu verkommen, sehen die ZeitungsvertreterInnen nicht. Im übrigen werde die Zeitung so billig gemacht, daß es eine professionelle Akquisition kaum lohne. Mit Unterstützung der Produzenten von idé-Design und der taz, die die Zett als Beilage mitnimmt, und ohne Zeilengeld für die AutorInnen könne man sich gut halten. Vivianne Agena

Zett-Geburtstagsparty: Morgen ab 20.30 Uhr mit prallem Programm in der Kesselhalle