„Fußball ist draußen“

■ Das Hallen-Masters und die Frage nach seinem tieferen Sinn

Ist das der Dank? Wilfried Straub, Turnierdirektor des DFB, war gelinde gesagt ungehalten über all die übellaunige Krittelei, die seinen Zeitgenossen zum Hallenfußball einfällt. Schließlich betreibt sein Verband das Spektakel nicht als „Selbstbefriedigung“, sondern um das Volk zu unterhalten und den Vereinen Einnahmen zu verschaffen. Schließlich konstatierte Straub trocken und logisch: „Fußball in der Halle ist nicht Fußball im Freien“.

Fragt sich also, was das andere ist, das dem vermeintlich ungeliebten Winterpausenfüller das gewisse Etwas verleihen könnte. Die einleuchtendste Antwort geben große Kinderaugen. In keinem Stadion kommt der Nachwuchsfan seinen Helden so nah wie in der Halle. Dortmunds Libero Ned Zelic hörte am Wochenende beim 7. Hallenmasters aus ernstem Kindermunde das generöse Kompliment: „Du spielst ganz gut.“ Vielleicht wäre auch ein Plausch mit Bernd Schuster hilfreich gewesen. Leverkusens Spielmacher gehört zu jener Schar von Stars, die – meist aus Angst vor Verletzungen – in der Halle nur zum Zusehen antreten. Das Masters – ein schwereloses geselliges Ereignis: „So sollte man es sehen“, sagte Schuster und fügte an, sportlich wäre das Spektakel nichts anderes als „Teil des Wintertrainings“, es fordert und fördert Kondition. Der reife Fußballästhet nimmt an, daß die sich derart um Ausdauer Mühenden wohl „Spaß haben“.

Spieler, deren Fußball-Biographien noch weithin weiße Blätter sind, haben mitunter ein ungleich emphatischeres Verhältnis zum Hallenauftritt. Christian Fiedler beispielsweise erlebt als Torwart der abstiegsgefährdeten Hertha in der zweiten Liga jede Menge freundlosen, grauen Alltag, während er im außerordentlichen Betrieb (neben Hallenauftritten auch solche beim DFB-Pokal) groß rauskommt. Also mag er es überdacht fast lieber als unter freiem Himmel – wegen der „Action“. Seit zu dieser Wintersaison der DFB die Verbannung der Torhüter in den winzigen Strafraum aufgehoben hat, steht und fällt jede Partie mit deren offensiven Qualitäten. Die Tore sind ein weiteres Argument, das der Hallenfußball auf der Habenseite verbuchen kann. Während so mancher müde Kick auf echtem Rasen nach 90 Minuten ohne Treffer abgepfiffen wird, kommt ein ungleich kürzeres Hallenspiel locker auf ein gutes Dutzend. Das hält das Publikum bei Laune. Die Spieler auch. Besonders solche wie Dirk Eitzert. Ginge es nach dem im Freien hilflosen Bochumer, könnte die Hallensaison ewig weitergehen.

Da aber vom rein ästhetischen Standpunkt aus betrachtet in Dortmund mit dem Brasilianer Paulo Sergio und dem Nigerianer Augustine Okocha nur zwei von knapp 100 Spielern wirklich begeistern konnten, muß man wohl froh sein, daß die Zeit der Substitution in Kürze vorbei und die echte Droge Fußball wieder verfügbar sein wird. Oder mit Bochums Co-Trainer Ralf Zumdick gesprochen: „Fußball ist draußen und mit elf Spielern.“ Katrin Weber-Klüver