Unterm Strich

Der Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Schäuble, hat nicht nur klasse Ideen für eine Umnutzung der Bundeswehr als Hilfs-, Katastrophen- und Entenpolizei, er betätigt sich jetzt auch als dilettierender Hobby-Semiotiker an der Front der symbolischen Politik. Schäuble hat sich nämlich bei einer Veranstaltung des Vereins „Werkstatt Deutschland“ gegen die von dem Aktionskünstler Christo geplante Verhüllung des Reichstags ausgesprochen. Wir sprechen uns hier schon einmal für eine unbefristete, bitte schön feste Verhüllung von Wolfgang Schäuble aus.

Der Streit um Christos Aktion ist ja nun wahrlich keine neue Sache, weshalb man Schäubles ziemlich unmaßgebliche Äußerung dem verdienten Vergessen anheimgeben könnte. Allein die Begründung verdient doch überliefert zu werden, weil sie ein reichlich vormodernes Verständnis von politischer Symbolik offenbart: Der Reichstag sei „ein herausragendes politisches Symbol der jüngeren deutschen Geschichte“, das „wie kein zweites die Höhen und Tiefen dieser Geschichte repräsentiert“. Wir sollten damit „sorgsam umgehen“. So weit, so blabla. Dann das: „Staatliche Symbole, Symbole überhaupt sollten einen und zusammenführen.“ Eine Verhüllung des Reichstags würde dagegen „polarisieren“. Zu viele Menschen würden die Aktion nicht „verstehen und akzeptieren“ können. Könnte es nicht auch sein, daß „die Menschen“ da schon ein bißchen weiter sind? Daß die irgendwie mitbekommen haben, daß die jüngere deutsche Geschichte mit ihren in der Tat beträchtlichen Höhen und Tiefen alles andere brauchen kann als staatliche Symbole, die „einen und zusammenführen“? Daß die niemals so sehr eins sind, wie wenn sie sich um die richtige Symbolik streiten (Neue Wache)? Könnte doch sein, oder, Schäuble?

Die Internationale Jury für die Berlinale ist berufen worden: Der britische Filmproduzent Jeremy Thomas wird den Vorsitzenden geben. Die Bundesrepublik wird in der Jury durch die ostdeutsche Schauspielerin Corinna Harfouch und den Kollegen Wolfram Schütte von der „Frankfurter Rundschau“ vertreten. Zwei Juroren kommen aus den USA: die Regisseurin Susan Seidelman sowie der Schauspieler Morgan Freeman, dessen erste Regiearbeit „Bophal“ im Panorama-Programm der Berlinale läuft. Kirgisien wird durch den Schriftsteller Tschingis Aitmatow vertreten, der seit drei Jahren Botschafter Rußlands in Luxemburg ist. Frankreich entsendet den Regisseur und Schauspieler Francis Girod und Italien den Regisseur Carlo Lizzani. Aus Honkong kommt die hierzulande aus Chen Kaiges „Lebewohl meine Konkubine“ bekannte Schauspielerin Feng Hsu hinzu. Weiter sind Filmschaffende aus Japan und Argentinien dabei, deren Namen uns die Agenturen jedoch bislang vorenthalten. Wird nachgereicht.