Mit unfehlbarer Moral ins Abseits

■ Die Sozialdemokratische Partei hat durch das Comeback der LDP ihre Anziehungskraft für die Koalitionspartner verloren

„Wir wurden verraten“, schimpfte der Abgeordnete Kiyoshi Kitazawa am Samstag über den Reformkompromiß zwischen Regierung und Opposition. Dabei waren es eine Woche zuvor gerade Reformgegner wie Kitazawa innerhalb der Sozialdemokratischen Partei Japans (SDPJ) gewesen, die mit ihrer Gegenstimme den ersten Reformentwurf der Regierung im Oberhaus gekippt und damit die Nachverhandlungen mit der Opposition heraufbeschworen hatten. So hat sich die derzeit noch größte Regierungspartei in den letzten zehn Tagen selbst ins Abseits manövriert. Als am Samstag beide Kammern des japanischen Parlaments, immer noch gegen das Votum von etwa 20 rebellierenden Sozialdemokraten, die Reformgesetze verabschiedeten, blieb die „Kernforderung“ der SDPJ, die eine Woche zuvor noch in den Vorlagen enthalten war, ein für allemal auf der Strecke: Gemeint war das Verbot für Unternehmensspenden an Politiker.

Mit unfehlbarer Moral sorgten zwei Dutzend unkompromittierbare, aber auch regierungsunwillige Sozialdemokraten dafür, daß die japanische Linke vermutlich ihre letzte Chance zur Wiederauferstehung verpaßte. Schon bei den letzen Wahlen im August war die SDPJ, die von 1955 bis 1993 führende Oppositionspartei war, durch die Kandidatur der neuen konservativen Parteien entscheidend geschwächt worden; sie zog nur noch mit der Hälfte ihrer vorherigen Abgeordnetenzahl ins Parlament ein – was aber immer noch reichte, um innerhalb der regierenden Koalition die größte Partei zu sein. Erfolgreich setzte sich die SDPJ seither für die Senkung der Einkommensteuer ein, die Ministerpräsident Hosokawa am Dienstag bekanntgeben will. Im Kabinett glänzte vor allem Bauminister Kozo Igarashi, der die Aufklärung der laufenden Korruptionsverfahren gegen führende Baukonzerne wirksam förderte und ein neues Ausschreibeverfahren für öffentliche Bauaufträge durchsetzte.

Dennoch war die SDPJ weit davon entfernt, in der Bevölkerung als Regierungspartei wahrgenommen zu werden. Das wird ihr wohl auch nie mehr gelingen. Tatsächlich verlieren die Sozialdemokraten mit dem Comeback der Liberaldemokraten ihre Anziehungskraft für die Koalitionspartner. Solange sich Reformen nur gegen die Liberaldemokraten durchsetzen ließen, waren die Sozialdemokraten in der Regierung unersetzlich. Doch nun können sich die konservativen Koalitionspartner, die der Opposition programmatisch oft näherstehen, im Zweifelsfall auf sie verlassen. Wenn aber der SDPJ die Partner ausgehen, kann auch das Mehrheitswahlrecht für die Partei verheerende Folgen haben.