Kleine Schritte im Schnee

■ Jassir Arafat und Schimon Peres erzielen in Davos Einigkeit über Korridore in der Westbank

Tel Aviv (taz) – Klare Bergluft und kalter Schnee beruhigen die Nerven und stimmen versöhnlich. Während sich der israelische Außenminister Schimon Peres und PLO-Chef Jassir Arafat gestern zum zweiten Mal in dem Schweizer Wintersportort Davos trafen, ließen beide Seiten durchsickern, daß die sich seit Oktober dahinquälenden Verhandlungen über die Umsetzung des Gaza-Jericho-Abkommens einen Schritt weitergekommen sind. Noch während sich die beiden Hauptakteure gegenüber saßen, sorgte PLO-Sprecher Jassir Abed Rabbo für Aufregung. „Wir haben einen Kompromiß auf dem Tisch“, erklärte er in Davos und hängte einen kurzen Diskurs über Logik an: „Wenn beide Seiten ja sagen, dann haben wir eine Vereinbarung.“ Anschließend vermeldete der staatliche israelische Rundfunk, die israelische Regierung habe erstmals zugestimmt, drei Punkte in der Westbank durch Korridore mit der künftig teilautonomen Stadt Jericho zu verbinden.

Die von Jassir Arafat als palästinensische „Hauptstadt“ auserkorene Ansiedlung hätte demnach einen lokal begrenzten, aber sicheren Zugang zum Jordan und zu einem Punkt am Nordufer des Toten Meeres sowie zu dem Wallfahrtsort Nabi Mussa, wo Moses angeblich begraben sein soll.

Die beiden Hauptakteure verzichteten gestern auf solch klare Aussagen. Während einer Pressekonferenz am Abend sprach Peres von „einem bewegenden Augenblick in unserem Leben“, wenn die palästinensische Frage gelöst werde, seien „alle Streitfragen dieser Welt“ lösbar. Arafat nannte die Gespräche „sehr wichtig und konstruktiv“ und betonte, daß man einer Lösung „sehr nahe sei“. Anschließend verabschiedeten sie sich von den Journalisten für eine Nachtsitzung.

In Davos wurde der ägyptische Außenminister Amre Mussa als Vermittler aktiv. Er unternahm mit den beiden Kontrahenten abwechselnd lange Spaziergänge durch den Schnee. Zuvor hatten die Israelis einen Vorschlag Arafats abgelehnt, wonach US-Vermittler eingeschaltet werden sollten. Gestern sagte Mussa, ein endgültiges Abkommen werde in Kairo unterschrieben. Einen Termin dafür nannnte er jedoch nicht.

Die Korridore bilden nur eines der zahlreichen Probleme, die es zu lösen gilt, bevor eine palästinensische Selbstverwaltung in Jericho und im Gaza-Streifen aktiv werden kann. Ursprünglich sollte dies bereits im Dezember durch den Beginn des Abzugs der israelischen Truppen eingeleitet werden.

Unter den israelischen Delegierten herrscht die Meinung, daß eine Lösung schon längst möglich gewesen wäre, wenn statt Rabin Peres das Sagen hätte. Hinter den Kulissen sind die Differenzen zwischen den beiden Erzrivalen deutlich zum Ausdruck gekommen. Die Kreise um Peres warnen, daß ein weiterer Aufschub in der palästinensischen Bevölkerung zu einer immer breiteren Ablehnung gegenüber der PLO führen könne. Aus Jerusalem wird der PLO-Führung suggeriert, daß sie dringend Kompromisse eingehen muß, um nicht ins Hintertreffen zu geraten. Schließlich beginnen in Kürze in Washington die Verhandlungen zwischen Israel und Syrien. Amos Wollin