Ohne Stern und Litze

■ Die erste Lesben- und Schwulen-Beraterin der Hamburger Polizei arbeitet noch ehrenamtlich Von Greta Eck

Mit ihrem kurzen, hellblonden Haar und ihren grünen, hochmodischen Schuhen entspricht sie kaum dem Klischee einer Polizeimeisterin. Und schon gar nicht dem Bild einer lesbischen Kriminalkommissar-Anwärterin, die als erste selbsternannte Lesben- und Schwulenbeauftragte für Hamburgs Polizei arbeitet. Doch hinter ihrem Beruf steht die 27jährige voll: Sie sei „Vollblut-Polizistin“ erzählt sie mit strahlenden Augen und erklärt schwärmerisch: „Weil ich noch für Gerechtigkeit bin“.

Nicola Tuschwitz berät seit Anfang dieses Jahres ehrenamtlich Opfer anti-homosexueller Gewalt. Zu erreichen ist sie über die Beratungstelefone des Magnus-Hirschfeld-Centrums (MHC). Im Gegensatz zum Berliner Schwulenbeauftragten Hans Uth wird Tuschwitz aber nicht von der Innenbehörde bezahlt oder gefördert. Sie mutmaßt aber, daß die Hamburger Polizei ihr Engagement akzeptiert, denn als sie ihre nebenberufliche Freizeit-Tätigkeit ihrer Dienststelle pflichtgemäß mitteilte, wurde dies schweigend zur Kenntnis genommen.

Die Polizeimeisterin berät nicht nur, sie geht auf Wunsch auch mit auf die Wache, zum Gericht oder zum Staatsanwalt: „Du weißt ja nie, an wen du gerätst.“ Sie sieht sich als „Zwischeninstanz“ von Polizei und Szene. In „Notnagel“-Fällen ist sie auch bereit, Anzeigen selbst aufzunehmen und an die entsprechende Dienststelle weiterzuleiten. Aber sie will aufpassen, daß sie „ihre eigene Firma nicht untergräbt“. Das Bekanntmachen von anti-homosexuellen Delikten ist ihr erstes Ziel: „Je mehr Straftaten aufgenommen werden, desto eher kann eine offizielle Stelle für Schwule und Lesben eingerichtet werden“. Denn die Behörden sähen die Notwendigkeit erst dann, wenn sie es „schwarz auf weiß haben“.

Nicola Tuschwitz wird von ihren KollegInnen gerne „Tuschi“ genannt. Daß sie Lesbe ist, wissen mittlerweile alle. Schon voriges Jahr gründete sie den „Arbeitskreis lesbischer und schwuler Polizeibeamter“. Negative Reaktionen hat sie während ihres Streifendienstes noch nicht erlebt. Sie grinst: „Die Kollegen fragen nur neugierig, was ich mit meiner Freundin im Bett mache.“ Momentan geht sie, die Schreibtisch-Arbeiten haßt, zur Polizei-Fachhochschule, um in den gehobenen Dienst zu kommen. Ihr Ziel: Entweder als „Beauftragte für gleichge-schlechtliche Lebenswei-sen“ oder im Sittendezernat zu arbeiten.

Wenn ihr noch etwas von ihrer Freizeit geblieben ist, fährt die erklärte Auto-hasserin ihre 500er Honda durch die Gegend oder spielt Rugby in der Damen-Nationalmannschaft: „Gegen Kasachstan haben wir gewonnen.“ Sie liebt Shakespeare, Dostojewski und Ariadne-Krimis. Natürlich seien die unreal, gibt sie zu, „aber sonst wäre das ja uninteressant“.

Doch allzuviel Zeit bleibt ihr weder für das Lesen noch für ihre Freundin. Denn in nächster Zeit will sie ihre Informationsbroschüre in Hamburger Szene-Läden verteilen, damit alle Lesben und Schwulen von ihrem Angebot erfahren und sehen können, daß sie nicht die „verbiesterte 50jährige“ ist, die man sich oft vorstelle. In ihrer Uniform – „mit zwei grünen Sternchen und einer Silberlitze“ – wird sie dann allerdings kaum auftauchen. Eigentlich schade.

MHC, 279  00 69