■ Cash & Crash
: 560 für 42

Warschau (taz) – Aktien privatisierter Banken erfreuen sich in Polen großer Beliebtheit. Und eigentlich ist die enorme Nachfrage das beste Argument für eine schnelle Privatisierung der verbleibenden Staatsbanken.

Nicht so in Warschau, wo der jüngste, dreizehnfache Anstieg der Aktien der Kattowitzer „Schlesischen Bank“ nun zur Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses geführt hat. Manchen Abgeordneten, besonders der Bauernpartei, wird der Erfolg der Warschauer Börse unheimlich. Und selbst der Chef der Börse warnt inzwischen vor einem Börsenkrach infolge Überhitzung.

Im freien Verkauf waren die Aktien der Schlesischen Bank vor einer Woche für umgerechnet knapp 42 DM zu haben. Grundlage für diesen Preis waren Analysen ausländischer Consultingfirmen und eine Entscheidung der Bankenabteilung im Finanzministerium. Schließlich gingen 25 Prozent der Aktien an die holländische ING-Bank, das Stück zu 42 DM. Am ersten Börsentag nach der Emission schlug die enorme Nachfrage voll durch: Der Kurs der Bankaktien kletterte auf umgerechnet über 560 DM. Schlußfolgerung des Bauernpartei-Abgeordneten Bogdan Pek: Hätte das Finanzministerium die Aktien so teuer verkauft, hätte es jetzt jene 15 Billionen Zloty (= 1,25 Milliarden DM) in der Tasche, die so an die Holländer gingen. Seither verteidigen sich Privatisierungs- und Finanzministerium gegen die Vorwürfe, sie hätten eine gigantische Finanzaffäre inszeniert. Ihr Argument: Hätte man die Aktien für 560 Mark angeboten, wäre die Schlesische Bank die teuerste der Welt geworden, und kein ausländischer Investor hätte sich interessiert.

Völlig unter ging in der Debatte, daß diese Gewinne bisher nur auf dem Papier stehen. Die ING-Bank darf ihre Aktien nämlich drei Jahre lang gar nicht verkaufen. Die Tausende kleiner Aktienkäufer können zwar verkaufen. Sollte der Kurs aber pro Börsentag um mehr als zehn Prozent zurückgehen, reduziert die Börse den Verkauf, und die Aktionäre bleiben auf einem Teil ihrer Papiere sitzen. Auch die Bilanz der Schlesischen Bank rechtfertigt den Kurs in keiner Weise: Beim derzeitigen Preis- Gewinn-Verhältnis amortisiert sich der Kauf einer Aktie nach 33 Jahren, jede Spareinlage ist in Polen besser verzinst. Klaus Bachmann