Transrapid stoppt ICE Hamburg–Berlin

Vor Transrapid-Entscheidung kündigt Bahn das Aus für den Fernverkehr zwischen Hafen- und Hauptstadt an / Ohne Bahnkunden wäre Betrieb der Magnetbahn dreimal so teuer  ■ Aus Berlin Dirk Wildt

Die Bundesregierung will im kommenden Monat ihr endgültiges Ja für die Transrapid-Strecke Hamburg–Berlin geben. Mit dem Kabinettsbeschluß für den Hochgeschwindigkeitsschweber fällt ungesagt eine weitere Entscheidung – bei der Deutschen Bahn: Die Schienenverbindung zwischen Hafen- und Hauptstadt soll nicht mehr für den schnellen Intercity- Expreß (ICE) ausgebaut werden. Fernverkehr wird ab dem Jahr 2004 – dann will Thyssen Henschel seinen Konkurrenten in Betrieb nehmen – „in der heutigen Form nicht mehr stattfinden“, kündigte Bahn-Sprecherin Claudia Ruttmann gegenüber der taz an.

Das Handicap an der Entscheidung der Deutschen Bahn AG: Zur Zeit halten Fachleute es aus technischen Gründen für unwahrscheinlich, daß die 8,9 Milliarden Mark teure Magnetbahn in die Zentren der beiden Millionenstädte hineinfahren kann. Ohne Verbindung von Hauptbahnhof zu Hauptbahnhof aber gingen die Vorteile der unter einer Stunde liegenden Reisezeit auf den aufwendigen Wegen von den Stadträndern in die Zentren verloren. Der ICE dagegen bräuchte bei einem Ausbau der 270 Kilometer langen Schienenstrecke für Tempo 200 zwar zwei Stunden und zehn Minuten – dafür aber von der Hamburger Alster bis zum geplanten Regierungsviertel im Spreebogen.

Ursprünglich sah das Betriebskonzept der Deutschen Reichsbahn vor, daß nach dem teuren Ausbau des Berliner Eisenbahnnetzes täglich 15 ICE Elbe und Spree miteinander verbinden. Heute fahren acht Intercity im Zweistundentakt.

Doch am Aus für die Fernbahn haben Bundesregierung, Thyssen und die am Gleiter beteiligte Bahn AG selbst ein massives Interesse. Denn ohne Bahnkunden kommen die für den 300 „Sachen“ schnellen Privatschweber erwünschten 14,5 Millionen Passagiere jährlich nicht zusammen.

Nur dann aber wäre der Fahrpreis zu halten, der laut Berlins Verkehrsstaatssekretär Ingo Schmitt (CDU) nach heutigem Preisniveau 80 Mark betragen soll. Fluggäste, für die die Magnetbahn angeblich gebaut werden soll, spielen in der Prognose des Bundesverkehrsministeriums mit einem Anteil von weit unter einem Zehntel kaum eine Rolle. Ohne Gäste von der Bahn, die mit rund 60 Prozent den Löwenanteil stellen, würde eine Fahrt mit dem lauten Superschweber dreimal so teuer werden, bestätigt der Vorsitzende der Transrapid-GmbH, Hans Georg Raschbinder.

In dem Fall könnte man auch im Jahr 2004 mit der Eisenbahn von Hamburg nach Berlin kommen: mit Regionalzügen, die an jeder Milchkanne halten.