Käfer namens Dürer

■ Der Künstler Harald Finke im Gespräch

taz: Drei mit Gerste gefüllte VW-Käfer, die die Namen „Dürer, Bosch, Leonardo“ als kunsthistorische und bewußtseinsgeschichtliche Verweise tragen bilden das Zentrum deiner jetzigen Arbeit. Was reizt dich da an Form, Inhalt und Bezugssystem?

Harald Finke: Die Form spiegelt eine aufgebrochene Linse, die organische Funktionalität andeutet und damit auf den Inhalt „Saatgut“ schon verweist, womit auch die Ei- oder Urblattform assoziiert werden kann - also Wachstumsprozesse. Der Inhalt deutet sich damit an. Das Naturpotential steht der Technik fragend gegenüber. Das Design des VW-Käfers ist der Prototyp eines ganz bestimmten Herrschaftssystems und steht für die uns heute negativ entgegenkommende Machtansammlung im technischen Bereich.

Das altruistische, stetig neu Produzierende der Natur verweist positiv auch auf die Soft Technology, die endlich eingesetzt werden sollte. Dabei steht Dürer für die sich selbst einschränkende, kunstimanente Entwicklung, Leonardo für die maßlose, anthropozentrische Ausweitung des technologischen Wissens, und Bosch, der mir am nächsten ist, bereitet den Subdialog Mensch und Naturreich schon in der Kunst vor.

Verbirgt sich hinter dem von dir immer wieder zitierten Wortspiel –Subskulptur und Subkultur' eine politische Haltung oder ein utopischer Entwurf?

Beides. Der Kunstbegriff, den ich vertreten möchte, hat mit politischer Haltung, also mit der Gestaltung des Ganzen zu tun. Er muß über seinen Selbstbestimmungs- und Freiheitsbegriff zur politischen Haltung werden. Das „Sub“ steht als Befreiungsformel für den Ausbruch aus den Herrschaftssystemen, die die Naturvorgaben unterdrücken.

Die politische Bedeutung deiner Veerhrung für australische Aborigines liegt auf der Hand: Hinweise auf die Ausbeutung der Vierten Welt! Welche Rolle spielt die Aboriginal-Kultur künstlerisch?

Das Erlebnis dieser Kultur, in der ich mich Ende der Sechziger Jahre aufgehalten habe, war mein Schlüsselerlebnis. Wenn ich heute Momente oder Teile ihrer Kultur nachvollziehe oder zitiere - wiezum Beispiel ihre Sprache - per Computer über Meßdaten lege, dann hat das etwas mit positiver Magie schlechthin zu tun. Ihre Benennungen konterkarieren quasi unsere idiotischen, wissenschaftlichen Formeln, in die wir Welt und Erleben bannen wollen. Ich vergleiche dies am ehesten mit einer Performance von Allan Ginsberg zur Zeit des Vietnam-Krieges vor dem Weißen Haus: Mit Voodoo-Formeln wurde der Wahnsinn eines Richard Nixon ausgehebelt.

Fragen: Gunnar F. Gerlach